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Die neuen Mautpläne – kompliziert wie zuvor und jetzt auch noch rechtswidrig?

Maut

Es hätte so einfach und modern sein können mit einer deutschen Autobahn-Maut: Jeder, der eine Autobahn benutzt, muss dazu ein elektronisches Maut-Pickerl erwerben. Kontrolliert wird das über die ohnehin bereits vorhandenen Lkw-Mautbrücken über den Fahrbahnen. Fertig.

Das bringt Milliarden. Damit könnte der Staat binnen weniger Jahre das deutsche Straßennetz wieder in eines verwandeln, welches das Prädikat „Bestes Straßennetz der Welt“ verdient – und in den Jahren danach die Staatsverschuldung abbauen. Rund 100 Euro im Jahr würden deutsche Autofahrer dafür wahrscheinlich sogar gerne aufbringen, wenn sie dafür weniger Zeit und Spritgeld in Staus investieren müssten.

Das geht so aber nicht.

Möglicherweise deshalb, weil der Beamten-Apparat im Hause von Verkehrsminister Alexander Dobrindt offenbar unterbeschäftigt ist. Da kommen dann in Dreimonats-Frist Entwürfe und Nachbesserungen von Mautplänen heraus. Wahnsinnig umfangreich. Wahnsinnig kompliziert. Und wahnsinnig unnütz und möglicherweise sogar rechtswidrig.

Aktuell sieht das nun so aus: Ab 2016 gilt auf Bundesstraßen und Autobahnen Mautpflicht – jedenfalls so ungefähr. Die Maut wird für in Deutschland zugelassene Fahrzeuge jährlich per Gebührenbescheid erhoben und deren Höhe richtet sich unter anderem nach Hubraum und Schadstoffausstoß des Autos – wird also für jedes Auto individuell errechnet. Im Gegenzug reduziert sich die Kfz-Steuer jedes Fahrzeugs um den gleichen Betrag.

Kontrolliert wird das aber nur auf Autobahnen. Irgendwie klar. Denn man will zwar am Transit-Verkehr verdienen, nicht aber dem für viele grenznahe Städte lukrativen Einkaufs-Tourismus aus den Nachbarländern schaden.

Diese Lösung wirft nun andererseits alte und neue Fragen auf:

1. Warum so viel Aufwand nur für ausländische Fahrzeuge?

Deutsche Autofahrer werden durch die Steuernachlässe faktisch keine Maut bezahlen. Das Mautaufkommen durch ausländische Pkw wird sich nach Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums auf 700 Millionen Euro jährlich belaufen. Abzüglich des technischen und bürokratischen Aufwands bleiben davon 500 Millionen Euro. Immerhin ein warmer Regen. Aber Hauptnutzer des Straßennetzes sind nun mal die Deutschen selber. Mit 500 Millionen Euro im Jahr wird sich am Zustand vieler Straßen nichts ändern.

2. Warum so ein kompliziertes Berechnung-System?

Eine Software zu entwickeln und zu installieren, die für nahezu jedes Auto eine individuelle Maut auswirft – die dazu noch im Grunde dann ja gar nicht bezahlt wird –, ist immens teuer. Und nach allem, was man zum Beispiel von der Einführung der Lkw-Maut in Deutschland weiß, wahrscheinlich auch erst einmal fehleranfällig. Dazu kommt der bürokratische Aufwand – nicht zuletzt für die Beitreibung des Geldes.

Künftig bekommt der deutsche Autofahrer zwei Zahlungsaufforderungen von zwei verschiedenen Behörden: eine für die Steuer vom Zoll, eine für die Maut vom Kraftfahrtbundesamt. Wie viele Autofahrer werden sich sagen: Ach wie praktisch, dann zahl ich erst einmal nur die Steuer. Auf der Autobahn, wo die Maut kontrolliert wird, fahre ich sowieso nicht. Auch mit Klagen ist zu rechnen, wenn etwa ein Autofahrer plausibel darlegen zu können glaubt, nicht einmal Bundesstraßen zu benutzen.

3. Ist die neue Lösung überhaupt EU-konform?

Die komplizierte Regelung hat das Haus Dobrindt ja deswegen ersonnen, um die Maut-Regelung konform mit dem EU-Recht zu gestalten. Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es unzulässig, Ausländer mit einer Abgabe zu belasten, Inländer aber davon zu befreien.

Im Falle der nun vorliegenden Mautregelung passiert genau der umgekehrte Fall. Während Ausländer von der Maut für Bundesstraßen faktisch befreit sind – weil sie nicht kontrolliert wird –, werden Inländer für die Nutzung der Bundesstraßen per Gebührenbescheid abkassiert. Die Inländer zahlen zwar auch nicht mehr, als zuvor, werden aber rechtlich benachteiligt. Auch hier sind Klagen nach EU-Recht programmiert.

Foto: Viktor Hanacek / picjumbo.com

Kategorie: AnsichtsSachen

von

Markus van Appeldorn

Markus van Appeldorn (Jahrgang 1968) hat Rechtswissenschaften in Saarbrücken studiert. Nach langjähriger redaktioneller Tätigkeit, unter anderem bei der BILD-Zeitung, ist er als freier Journalist tätig. Einen seiner Schwerpunkte bilden Rechts- und Wirtschaftsthemen. Sie erreichen ihn unter markus.van.appeldorn@gmx.de.

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