AnsichtsSachen, Existenzgründung, Management & Controlling
Kommentare 7

Unternehmergeist – angeboren oder erlernbar?

Unternehmergeist

Muss man zum Unternehmer geboren sein? Oder kann sich jeder selbständig machen? Das fragt Martin Grünstäudl in seiner aktuellen Blogparade. Super Thema, da mache ich natürlich mit!

Bei mir in der Familie gibt es viele Unternehmer. Autoren, Ärzte, Unternehmensberater, Seriengründer, Agenturchefs oder Chefs von Cateringunternehmen. Von Mittelstand bis Einzelunternehmer – eine bunte Mischung. Wir haben aber auch ganz viele „solide“ Angestellte in der Familie, die sich eine Selbständigkeit niemals vorstellen könnten.

Ist der Unternehmergeist also angeboren oder nicht? Wieso wollen manche Menschen unbedingt selbständig tätig sein? Und wieso möchten andere das auf gar keinen Fall? Gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die für Unternehmer & Selbständige typisch sind? Was zeichnet einen erfolgreichen Unternehmer aus?

Meine Gedanken zum Thema Unternehmergeist – angeboren oder erlernbar?, bunt gewürfelt und vollkommen unwissenschaftlich ermittelt:

Idee & Vision

Die Idee. Damit fängt alles an. Als Unternehmer erschafft man sich seinen Job selbst. Man hat eine Idee, was man gerne verkaufen möchte. Egal ob Dienstleistung oder Produkt, ob selbst entwickelt oder via Franchising vorgegeben. Irgendwie entsteht die Idee, was man in Zukunft gerne machen möchte.

Wie man darauf kommt ist natürlich ganz unterschiedlich. Gezieltes Brainstorming, innere Berufung, drohende Arbeitslosigkeit. Es gibt viele Auslöser für diese Grundidee. Manchen passiert es einfach, obwohl sie nie danach gesucht haben. Manche finden sie nie. Das ist so. Der echte Unternehmer aber findet sie auf jeden Fall.

Die Vision. Das ist die Weiterentwicklung der Idee. Was kommt nach der Initialzündung? Was kann man aus der Grundidee alles machen? Wie lässt sich das Geschäft aufziehen? Wie lässt sich die Idee in Geld umwandeln? Wer kauft das? Wer braucht das? Was ist der nächste Schritt? Was mache ich in Jahr 2, 3, 4, 5 usw.? Wo will ich hin? Wie komme ich dahin? Der Unternehmer sieht das Potential, dass in der Idee steckt. Er lässt Zukunftsträume zu. Er verwirft den kleinen Ideen-Setzling nicht sofort, sondern kann sich die fertige Pflanze vorstellen. Er hat den Mut groß zu träumen.

Mut

Der Mut. Wer selbständig sein will braucht Mut. Das klingt jetzt arrogant, aber ich meine es ernst. Als Unternehmer wird man nicht mehr vom Abteilungsleiter oder Betriebsrat beschützt. Man ist selbst verantwortlich. Für alles. Immer. Das ist nicht für jeden das Richtige und das muss es auch gar nicht sein.

Nicht immer laufen die Geschäfte gut und man kann ganz schön Hosenflattern bekommen, wenn die Auftragslage gerade nicht so rosig ist. Das muss man aushalten können. Da muss man den Mut haben, trotzdem zu seiner Vision zu stehen. Den Mut auch gut gemeinten Ratschlägen gegenüber standhaft zu bleiben. Vielleicht den Eltern erklären zu müssen, wieso man sich nicht doch lieber einen festen Job sucht. Den Mut sein Leben anders zu gestalten, als es der Durchschnittsdeutsche tut.

Und noch mehr Mut braucht es, wenn die Geschäftsidee scheitert. Den Mut zu haben aufzugeben. Sich einzugestehen, dass es so nicht weiter geht. Und die Reißleine zu ziehen, bevor man in die Insolvenz schlittert. Auch das erfordert Mut. Gerade in Deutschland, wo eine Geschäftsaufgabe oft mit Versagen gleich gesetzt wird.

Und der echte Unternehmer hat sogar noch mehr Mut. Er steht nach einer Niederlage wieder auf. Denn er kann nicht anders. Die nächste Idee, die nächste Vision treibt ihn an. Er lässt sich von Fehlschlägen nicht entmutigen, sondern lernt daraus und macht es beim nächsten Mal besser. Im Fachjargon nennt sich das Resilienz (psychische Widerstandsfähigkeit). Die gute Nachricht: lt. einer Studie der Bertelsmann Stiftung kann man Resilienz lernen!

Glück & Gelegenheit

Glück & Gelegenheit, der erste Punkt, bei dem ich unsicher bin.

Wenn ich auf meine eigene Karriere als Unternehmerin zurück blicke, dann sehe ich ganz viel Glück und ganz viele tolle Gelegenheiten. Irgendwie bin ich immer auf die Füße gefallen.

Aber stimmt das so? Bin ich wirklich nur Unternehmerin geworden, weil ich mehr Glück & Gelegenheiten hatte als andere? Oder habe ich beides einfach nur deutlicher wahrgenommen als andere?

Meine Mutter sagt immer, man muss dem Glück Platz schaffen. Sie hat Recht. Glück kommt nicht einfach so aus dem Nichts. Wer im Lotto gewinnen will, muss einen Schein ausfüllen. Erst dann hat das Lottoglück eine Chance. Genauso ist es bei vielen anderen glücklichen Zufällen. Ein bisschen Eigenanteil ist immer dabei. Mein erster Kunde kam nicht aus dem Nichts. Das war nicht nur Glück. Nein, ich habe meine Kontakte gepflegt, so dass man sich an mich erinnerte, als Beratungsbedarf bestand.

Und die Gelegenheiten? Manche haben sie und andere nicht? Teilweise ja. ABER: man muss auch die Gelegenheiten erkennen und nutzen. Das macht den echten Unternehmer aus. Er greift zu und zögert nicht ewig. Er erkennt seine Chance und sieht das Potential dahinter. Und er hat den Mut zuzugreifen. Jetzt.

Durchhaltevermögen

Das Durchhaltevermögen, eine gerne unterschätze Eigenschaft, wenn man an den Unternehmergeist denkt. Die meisten geben zu schnell auf. Wenn etwas nicht innerhalb von 6 Monaten ein Erfolg wird (und das ist gefühlt ein irre langer Zeitraum, wenn man keinen Erfolg sieht), dann war es wohl nichts. Wenn man nicht sofort ein positives Ergebnis sieht, dann wird die Anstrengung sofort reduziert oder eingestellt. Das ist kein Unternehmergeist. Unternehmer sind Marathonläufer, sie geben nicht auf, bloß weil mal die Wade zwickt oder das Ziel noch so weit weg erscheint. Sie motivieren sich selbst immer und immer wieder und machen weiter.

Wer hätte z.B. gedacht, dass aus dem Unternehmerhandbuch so etwas Großes wird? Wer hätte Stunden um Stunden in die Entwicklung dieses kleinen Fachmagazins gesteckt? Ohne Bezahlung und mit nur wenigen Besuchern am Anfang? Ich habe es getan, weil ich die Vision des künftigen Unternehmerhandbuchs in mir trage. Ich sehe so viel Potential, so viele Chancen, so viele spannende noch zu entdeckende Themen. Ich kann nicht anders. Ich bin Unternehmerin.

Rückendeckung

Die Rückendeckung durch ein stabiles Umfeld macht Unternehmertum leichter. Man hat genug Gegenwind als freier Unternehmer. Da tut es gut zu wissen, dass Familie und Freunde zu einem stehen. Dass sie ein starkes Auffangnetz bilden, wenn es nötig sein sollte.

Aber auch Sparringpartner und Widersprecher braucht man als Rückendeckung. Indem sich Gedanken an einander reiben, werden sie schärfer, präziser. Ich kann meine Pläne solider gestalten, indem ich sie in vertrautem Umfeld auf ihre Löcher abklopfe. Ich erhalte wertvolle Anregungen aus diesen Gesprächen. Da ich bei meinen Freunden und meiner Familie darauf vertrauen kann, dass sie immer hinter mir stehen, kann ich ihre Kritik annehmen und aus ihr lernen. Und sie nicht nur als Angriff sehen.

Aus dieser Rückendeckung ziehe ich viel Kraft, wenn ich mal wieder durchhalten muss.

Kaufmännisches Grundwissen

Tja, zu Letzt etwas, dass ich jedem Unternehmer predige, den ich treffe:

Jedes Unternehmen, egal wie groß oder klein es auch ist, braucht eine solide kaufmännische Grundlage, sonst wird aus den bunten Träumen ganz schnell ein finanzieller Horrortrip. Zahlen sind zwar oft unbequem und viele Unternehmer haben wenig Lust sich mit Ihnen auseinanderzusetzen, aber „ohne Moos nix los“, denn wir alle müssen letztendlich von unserer Arbeit leben können. Egal ob man sich dieses Wissen selbst aneignet oder es einkauft, es ist wichtig für das Überleben des Unternehmens.

Und wenn ich mich in meiner Familie umgucke, dann ist es tatsächlich oft dieser Faktor, der den erfolgreichen vom gescheiterten Unternehmer unterscheidet.

Fazit

Unternehmergeist – angeboren oder erlernbar?

Tja, was soll ich sagen? Ich denke, es ist ein Mix.

Manche Menschen sind von Natur aus mutiger, neugieriger, unternehmenslustiger, motivierter und freiheitsliebender als andere.

Alles angeboren? Ich weiß nicht.

Auch aus einem guten Sportler wird ohne Training niemals ein Olympiasieger. Viele unserer Eigenschaften werden durch Förderung in Elternhaus oder Schule erst zur vollen Entfaltung gebracht. Andere Talente verkümmern, weil sie nie jemand gesehen und unterstützt hat.

Genauso ist es mit dem Unternehmergeist. Auch er muss gefördert und unterstützt werden. Dabei geht es gar nicht so sehr um das Thema Selbständigkeit als Berufsziel. Es geht um die Entwicklung einer Persönlichkeitsstruktur, die Unternehmertum zur Folge hat. Mut, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Resilienz, alles wichtig für den Erfolg als Unternehmer.

Und nicht zu vergessen die grundlegende Ausbildung. Bildung hilft, wenn man in der freien Wirtschaft bestehen möchte. Erst Bildung bietet die Möglichkeit, seine Ideen und Visionen umzusetzen.

Daher ist Unternehmergeist meiner Meinung nach sowohl angeboren als auch erlernbar. Der Mix muss stimmen :-)

Unternehmergeist

Pin it!

7 Kommentare

  1. Avatar-Foto
    Agnes sagt

    Ich gebe Dir recht: Der Unternehmergeist kann sowohl angeboren als auch erlernt sein, wobei eine Kombination beider Faktoren oft eine Rolle spielt.
    Die Aussage, dass einige Menschen von Natur aus mutiger, neugieriger, unternehmungslustiger, motivierter und freiheitsliebender sind als andere, ist ebenfalls korrekt.
    Halte es allerdings für unangemessen, diese Qualitäten pauschal dem Unternehmergeist zuzuschreiben. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Ziele, Motivationen und Prioritäten, bei denen z.B. finanzieller Erfolg nicht immer im Vordergrund steht. …und die Vielfalt der Motivationen spiegelt sich in den unterschiedlichen Formen des Erfolgs wider.

    • Heike Lorenz

      Hi Agnes,
      ich wollte damit nicht sagen, dass Angestellte weniger mutig, neugierig, unternehmungslustig, motiviert und freiheitsliebend sind als andere, aber ich denke schon, dass bei Unternehmern diese Eigenschaften besonders ausgeprägt sind.
      Ist aber nur meine persönliche Erfahrung :-)

      Liebe Grüße
      Heike

  2. Avatar-Foto
    Susanne sagt

    Genau so und nicht anders!
    Gerade die Sache mit dem Glück ist immer wieder eine Gradwanderung. Natürlich gehört bei manchen Dingen auch Glück dazu. Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, zum Beispiel. Aber ich kann an tausend richtigen Orten der Welt zu allen beliebigen Uhrzeiten sein – wenn ich keine Ahnung, keinen Riecher, keinen Mut und keinen Biss habe, werde ich nicht einmal wissen, wo ich bin, geschweige denn erkennen, dass eine Chance um die Ecke auf mich wartet.
    Unternehmerischer Erfolg sieht von außen und rückwärts betrachtet meist leicht und logisch aus. So wie Katharina Witts Pirouetten und Sprünge auch leicht und nachmachbar aussahen. Bis man dann beim ersten eigenen Versuch auf dem Glatteis landet.
    Julio Iglesias sagte mal zu mir – ich weiß, er ist Schlagersänger und kein Philosoph – „Talent allein nützt nichts, Fleiß und Ausdauer allein auch nicht. Aber zusammen führen diese drei Eigenschaften unweigerlich zum Erfolg.“
    Susanne

    • Avatar-Foto

      Hallo Claudia,
      genau. Und man darf auch nicht vergessen, dass unternehmerisches Denken & Handel auch in einer Festanstellung möglich ist :-)

      Viele Grüße
      Heike

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wenn Du wissen möchtest, welche Daten wir beim Hinterlassen eines Kommentars speichern, schau bitte in unsere Datenschutzerklärung.