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Wenn’s Krieg statt Weihnachtsfrieden gibt – Beleidigungen sind keine Meinungsfreiheit

Meinungsfreiheit

Betriebliche Weihnachtsfeiern sind ja eine feine Sache. Da kann der Chef mal in entspannter Atmosphäre den Mitarbeitern auf ein erfolgreiches Jahr zuprosten. Und kleine Geschenke gibt’s vielleicht auch noch.

Der kluge Chef indes bleibt nie bis ultimo. So vermeidet er einerseits dem Alkohol geschuldete Verbrüderungsszenen, die am nächsten Arbeitstag allen Beteiligten peinlich sind. Und vielleicht rettet er gar den Weihnachtsfrieden, weil er am nächsten Arbeitstag keine fristlose Kündigung aussprechen muss.

Denn leider gibt es auch manchmal unzufriedene Mitarbeiter, die solche Feiern im Überschwang der Gefühle  zum Schauplatz einer Generalabrechnung mit dem Chef machen – und dann zahlt womöglich das Arbeitsamt die nächste Miete.

Fristlose Kündigung wegen Beleidigung

So in einem Fall, den das Landesarbeitsgericht Hamm zu entscheiden hatte. Da hatte ein offenbar frustrierter Arbeitnehmer bereits im Vorfeld der betrieblichen Weihnachtsfeier den Kollegen gegenüber „Krieg“ angekündigt. Nach einigen Bierchen an besagtem Abend  zeigte der Schweißer seinem Vorgesetzten den Stinkefinger und sprach ihm die nach seiner Ansicht nötige Mannhaftigkeit ab. Der Vorgesetzte sei weder potent noch trinkfest.

Der genaue Wortlaut soll hier aus Gründen der Sprachreinheit unerwähnt bleiben. 23 Jahre Betriebstreue nutzten nichts. Der Arbeitgeber kündigte ein paar Tage später fristlos – und bekam vom LAG Hamm recht.

Immer wieder müssen sich Gerichte mit verhaltensbedingten außerordentlichen – also fristlosen – Kündigungen beschäftigen, deren Grund Beleidigungen von Vorgesetzten oder auch Kollegen sind. Bei Delikten wie Diebstahl oder Unterschlagung ist die Rechtslage meist eindeutig. Im oben geschilderten Fall sahen die Richter den Rubikon überschritten.

Wo endet die Meinungsfreiheit?

Doch bei Kündigungen wegen Beleidigungen stehen die Gerichte oft vor schwierigen Abwägungsfragen. Klar ist: Der höfliche und respektvolle Umgang gehört zu den selbstverständlichen Pflichten des Arbeitsvertrages. Wer diese Regeln missachtet, begeht eine Pflichtverletzung.

Allerdings muss der Betriebsfrieden durch die Beleidigung so nachhaltig gestört sein, dass dem Arbeitgeber die Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht mehr zuzumuten ist. In vielen Fällen scheitern Arbeitgeber vor Gericht, weil sie erst zum Mittel der Abmahnung hätten greifen müssen.

Regelmäßig berufen sich gekündigte Arbeitnehmer auf das Recht der Meinungsäußerung oder auch darauf, dass die Beleidigung nicht am Arbeitsplatz geäußert wurde. So reichte zum Beispiel in einem Fall die Äußerung „Jawoll, mein Führer“ gegenüber einem Vorgesetzten nicht zur Kündigung.

Das Privatleben indes taugt nicht immer als Schutzraum vor der Kündigung. Wer seinem Arbeitgeber etwa auf Facebook in einer Quasi-Öffentlichkeit die Ehre abschneidet, wird sich vor Gericht kaum auf sein Privatvergnügen herausreden können.

Die Schriftform erleichtert dem Arbeitgeber die Kündigung noch. Erstens ist sie leicht beweisbar. Bei mündlich ausgesprochenen Beleidigungen scheitern Arbeitgeber dann mit der Kündigung, wenn sie weder Zeit noch Ort der Verfehlung darlegen können.

Zweitens kann sich der Arbeitnehmer nicht darauf berufen, die Beleidigung affektiv geäußert zu haben – weil man sich schriftliche Äußerungen eben vorher überlegt. Wer sich dagegen situationsbedingt zu einer mündlichen Beleidigung hat hinreißen lassen, kann etwa auch durch Reue und Entschuldigung im Arbeitsprozess wieder „vor die Tat“ kommen.

Das Beste ist freilich, wenn es gar nicht erst zum Prozess kommt. Ein Vorgesetzter, der bei einem Mitarbeiter Frustpotential erkennt, sollte zeitnah in Ruhe zu einem Gespräch einladen – damit die Weihnachtsfeier nicht zum „Krieg“ wird, unter dem alle leiden.

9 Kommentare

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    Welzer sagt

    In kleinen Unternehmen nutzen viele die Weihnachtsfeier und anderen Feierlichkeiten um mit den Chefs über Gehaltserhöhung zu diskutieren… so wie ich das mitbekomme mit Erfog. ;)

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    Jeder Angestellte sollte sich soweit kennen, dass er seinen Alkoholkonsum auf einer Weihnachtsfeier auf einem erträglichen Niveau hält. Zu viel Alkohol lässt die Hemmschwelle sinken. Jeder trägt die Verantwortung für sich selber. Niemand wird zum Trinken gezwungen. Wer sich nicht beherrschen kann und bei der Weihnachtsfeier mit seinem Chef über die Stränge schlägt, ist selbst Schuld. Wem sein Job viel bedeutet, der hält sich auf solchen Feierlichkeiten zurück.

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    Ich denke der Grad zwischen Meinungsäußerung und Beleidigung ist sehr eng. Wenn ich dem Polizisten sage, dass ich sein Verhalten nicht in Ordnung finde….Dürfte eigentlich nichts passieren. Doch bei einigen Kollegen gilt das schon als verbaler Protest und kann dementsprechend geahndet werden. Das Problem ist, dass keiner Wirklich sagen kann, wann es etwas eine Beleidigung ist und wann nicht. Selbst Anwälte tun sich mit diesen Thema sehr schwer.

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    Die Weihnachtsfeier sollte in der Tat nicht als Ort der Meinungsäußerung über den Chef genutzt werden. Keine Feierlichkeit ist dafür zu empfehlen. Auf Arbeitnehmer kommen aber zunehmend schwerere Zeiten entgegen, aufgrund der Lockerungen im Kündigungsrecht. Man sollte also stets aufpassen was und zu wem man was sagt. So etwas kann schnell nach hinten losgehen.

    • Heike Lorenz

      Ich finde, man sollte generell etwas vorsichtig sein und nicht gleich beleidigend werden. Das hat noch gar nicht einmal etwas mit Kündigung etc. zu tun, das ist ganz normale Höflichkeit!

  5. Avatar-Foto

    […] Betriebliche Weihnachtsfeiern sind ja eine feine Sache. Da kann der Chef mal in entspannter Atmosphäre den Mitarbeitern auf ein erfolgreiches Jahr zuprosten. Und kleine Geschenke gibt’s vielleicht auch noch. Der kluge Chef indes bleibt nie bis ultimo. So vermeidet er einerseits dem Alkohol ge… – https://das-unternehmerhandbuch.de/wenns-krieg-statt-weihnachtsfrieden-gibt-beleidigungen-sind-keine-meinungsfreiheit/ […]

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