Gastbeitrag von Christine Kühnle
„Das muss ich unbedingt ausprobieren!“ – Kennst du diesen Gedanken? Ein neues Tool verspricht mehr Produktivität – du bist motiviert, probierst es aus, arbeitest dich ein. Und trotzdem bleibt am Ende das Gefühl: Die To-do-Liste wächst, der Tag rast, du kommst kaum hinterher.
Woran liegt’s?
Viele setzen auf bessere Planung, mehr Disziplin oder den nächsten Produktivitäts-Hack. Doch der wahre Hebel liegt oft ganz woanders: bei deiner Stresskompetenz. Sie entscheidet darüber, ob du fokussiert und leistungsfähig bleibst – oder im Hamsterrad aus Druck, Erschöpfung und Selbstzweifeln hängen bleibst.
Inhalt
Wenn Tools und Methoden nicht mehr reichen
Vielleicht hast du das Gefühl, du müsstest einfach nur disziplinierter sein. Oder besser planen. Brauchst noch eine Methode, noch ein Tool, noch ein Buch.
Aber was, wenn der eigentliche Hebel ein ganz anderer ist? Etwas, das du bisher übersehen hast. Das still im Hintergrund wirkt und dabei alles beeinflusst: deinen Fokus, deine Energie, deine Motivation.
Ein Faktor, den du aktiv steuern kannst. Der aber von den meisten ignoriert wird:
Dein Stresslevel.
Es ist ein entscheidender Faktor, denn die Stressforschung zeigt: Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen deinem Stresslevel und deiner Produktivität.
Das Yerkes-Dodson-Gesetz beschreibt, wie sich verschiedene Anspannungsgrade auf deine Leistungsfähigkeit auswirken.
Dabei wird deutlich:
- Stress ist nicht grundsätzlich schlecht. Er kann sogar dein stärkster Antrieb sein.
- Aber eben auch dein größter Saboteur.
- Entscheidend ist die Dosis.
Doch was ist die richtige Dosis?
Finde deinen „Sweet Spot“
Schauen wir uns die Abstufungen einmal genauer an:
1. Zu wenig Anspannung: du kommst nicht richtig in Gang
Wenn dich Aufgaben langweilen oder dir völlig egal sind, fehlt der innere Antrieb. Du bist unkonzentriert, unmotiviert und träge – und entsprechend unproduktiv.
2. Mittlere Anspannung: du bist im Flow
Die Aufgaben fordern dich heraus, aber sind bewältigbar. Du kannst dich gut konzentrieren, denkst schnell und flexibel. Du bist motiviert und in deiner Kraft.
Genau das ist dein Sweet Spot: Das optimale Stresslevel für maximale Produktivität. Hier ist Stress dein Freund – der dir Fokus, Leistungsfähigkeit und eine extra Portion Energie schenkt.
3. Zu hohe Anspannung: du kämpfst nur noch
Wird der Druck zu groß, schaltet dein Nervensystem auf Überleben. Mit einer zu hohen Anspannung wird der Stress zum Feind deiner Produktivität. Komplexe Aufgaben werden mühsamer. Deine Kreativität und Entscheidungsfreude sinken. Teilweise fühlst du dich wie blockiert. Deine Konzentration lässt nach und Fehler häufen sich.
An dieser Stelle gerätst du leicht in einen Teufelskreis, wenn du hohe Erwartungen an dich hast:
Um das Leistungstief auszugleichen, verzichtest du auf Pausen. Du erhöhst den Druck, anstatt einen Gang runterzuschalten. Und rauschst damit immer weiter in die Stressspirale. Manchmal sogar bis zum Burnout.
Dabei wäre eine Erholungspause der schnellste Weg zurück zu deiner Produktivität gewesen. Denn nur im mittleren Anspannungsbereich ist deine Leistungsfähigkeit auf dem Höchststand – ohne dich auszubrennen.
Die Fähigkeit, mit der du deine Produktivität beeinflussen kannst
Das bringt uns nun zu der Auflösung der Frage, was die unterschätzte Fähigkeit für maximale Produktivität ist:
Es ist deine Stresskompetenz.
- Die Fähigkeit, den Grad deiner Anspannung bewusst wahrzunehmen.
- Die Fähigkeit, dein Stresslevel aktiv zu beeinflussen.
- Die Fähigkeit, die positiven Seiten von Stress zu nutzen und die negativen zu begrenzen.
Viele setzen beim Stressmanagement allein auf Zeitplanung. Aber das ist nur ein kleines Puzzleteil des großen Ganzen.
Ein effektives und vor allem langfristig wirksames Stressmanagement berücksichtigt immer mehrere Ebenen:
1) Sorge für weniger Stress im Außen (instrumentelles Stressmanagement)
Lerne, die Anforderungen von außen zu begrenzen. Setze Prioritäten, plane realistisch und sage häufiger Nein.
2) Ermögliche echte Erholung (regeneratives Stressmanagement)
Pausen, Bewegung, guter Schlaf, entspannende Hobbys oder einfach mal Nichtstun helfen deinem Körper, die Stressreaktion herunterzufahren. Beherrschst du eine Entspannungstechnik, kannst du sogar noch gezielter Spannung abbauen und dich schneller erholen.
3) Achte auf das, was du dir selbst erzählst (mentales Stressmanagement)
Ein Großteil unseres Stresserlebens entsteht im Kopf. Wenn du dich selbst ständig unter Druck setzt, kommst du innerlich nicht zur Ruhe.
Erwartest du z. B. von dir, immer alles perfekt abzuliefern? Oder musst du dir eine Pause erst durch mehrere Haken an der To-do-Liste verdienen?
Lerne, solche Erwartungen an dich zu hinterfragen und entwickle eine freundlichere und gelassenere Haltung dir selbst gegenüber.
Stresskompetenz lohnt sich – nicht nur für deine Produktivität
Stresskompetenz kann man lernen. Nicht von einem Tag auf den anderen, aber bereits kleine Veränderungen im Alltag können schon spürbare Auswirkungen haben.
Es gibt dazu viele gute Bücher, Kurse und Videos. Oder du suchst dir jemanden, der dich dabei professionell begleitet.
Ein kluger Umgang mit Stress sorgt nicht nur dafür, dass du mehr schaffst. Er trägt auch entscheidend dazu bei, dass du dich wohler fühlst – sowohl im Beruf als auch in deiner Freizeit.
Wenn du bewusst mit Stress umgehen kannst, schaffst du eine Basis für mehr Leichtigkeit und Lebensfreude in deinem Alltag und zahlst zusätzlich auf deine Gesundheit ein.
So kannst du gleich heute starten
Die folgende Methode ist ein guter Einstieg, um deine Stresskompetenz zu stärken. Du lernst, deine Anspannung besser wahrzunehmen und rechtzeitig gegenzusteuern:
Stelle dir alle 90 Minuten einen Timer. Sobald er klingelt, halte für 1 Minute inne und nimm wahr, wie es dir gerade geht.
- Wie fühlt sich dein Körper gerade an? Ist er angenehm aktiviert oder spürst du irgendwo Druck und Enge? Bist du noch voller Energie oder ist es Zeit für eine Pause?
- Was brauchst du jetzt, um wieder in ein angenehmes Stresslevel zu kommen? Wovon brauchst du mehr, wovon brauchst du weniger? Nimm deine Bedürfnisse ernst und erlaube dir, entsprechend zu handeln.
Je regelmäßiger du diese kleine Übung machst, desto leichter wird es dir fallen, dein Stresslevel im Alltag bewusster zu steuern.
Ich wünsche dir viel Erfolg dabei!
Die Autorin
Christine Kühnle ist zertifizierter Stress- und Burnout-Coach, Psychologische Beraterin und Entspannungstrainerin. Sie begleitet Menschen, bei denen das Leben nur noch aus To-dos zu bestehen scheint und der Kopf nie stillsteht.
In ihren 1:1-Mentorings und Onlinekursen zeigt sie ihnen, wie sie inneren Druck abbauen, neue Energie gewinnen und ihren Alltag so gestalten können, dass wieder Zeit bleibt für Me-Time und entspannte Momente mit Familie und Freunden.
Auch in Unternehmen gibt sie ihr Wissen weiter: Ihre Workshops fördern einen gesunden Umgang mit Stress und stärken nachhaltig die mentale Gesundheit im Arbeitsalltag.
Wer herausfinden möchte, welche Ursachen hinter dem eigenen Stress stecken, kann auf ihrer Webseite einen Stress-Test machen:
Die 5 wahren Gründe, warum du gestresst bist – und was du tun kannst, um das zu ändern. www.christine-kuehnle.de/stress-test

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Mir alle 90 Minuten einen Timer zu stellen, würde mich jetzt ziemlich stressen. ;)
Aber ich habe schon einen 8-Stunden-Tag erledigt und noch zwei selbst gekochte Mahlzeiten vor mir.
Gut kochen und essen funktioniert bei mir am besten als Stressmanagement.
Gut Essen ist absolut wichtig – sehe ich genauso :-)
Das ist letztendlich auch das Entscheidende: Zu spüren, was einem gut tut und was nicht. Insofern ist es wunderbar, dass du da schon etwas Entspannendes für dich gefunden hast.