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Erfolgreich verhandeln mit dem Harvard-Verhandlungskonzept

Harvard-Verhandlungskonzept

Jeder Unternehmer muss ständig verhandeln: Auftragsdetails mit den Kunden, Einkaufsbedingungen der Lieferanten, Gehälter und Honorare – andauernd wird gefeilscht.

Nicht selten sind dies harte Auseinandersetzungen, bei denen die Verhandlungsgegner miteinander um das beste Ergebnis ringen. Schon unsere Wortwahl rund um das Thema Verhandlungen deutet oft auf Kampf und Konfrontation.

Doch es geht auch anders.

Das Harvard-Verhandlungskonzept zielt auf Kooperation und Konsens. Die Verhandlungspartner arbeiten dabei gemeinsam auf eine Lösung hin, die alle Beteiligten zufrieden stellt. Daher halten Vereinbarungen, die so entstehen, meist länger als andere.

Das Motto des Harvard-Konzepts: Hart in der Sache – Weich zu den Menschen Klick um zu Tweeten

Die vier Prinzipien des Harvard-Verhandlungskonzepts

1. Mensch & Problem getrennt voneinander behandeln

Häufig vermischen wir in Verhandlungen Sachprobleme mit den persönlichen Beziehungen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommunikation und insbesondere jede Form von Kooperation ist jedoch eine störungsfreie Beziehung zwischen den Beteiligten.

Daher ist es wichtig, bei Verhandlungen das eigentliche Problem zu definieren und sich in die Lage des anderen zu versetzen. Schuldzuweisungen führen eher zu Abwehrreaktionen, als zu einer beidseitigen Suche nach Lösungen.

Beispiel: Schon wieder hat ein Lieferant den vereinbarten Liefertermin nicht eingehalten.

Natürlich kann man ihm jetzt Vorwürfe machen, ihn als unzuverlässig und schlampig beschimpfen und mit dem Ende der Zusammenarbeit drohen. Daraus wird jedoch wahrscheinlich kein Lösungsvorschlag seinerseits resultieren, sondern eher eine reine Rechtfertigung. Menschliche und sachliche Ebene vermischen sich und leicht gerät das eigentliche Thema, die verspätete Lieferung, aus dem Fokus.

Besser: Dem Lieferanten sachlich erläutern, welche Folgen die verspätete Lieferung für das eigene Unternehmen hat und ihn bitten, gemeinsam nach einer Lösung für die Zukunft zu suchen. So behandeln wir den Lieferanten nicht als Gegner, der sich uns gegenüber verteidigen muss, sondern als Lösungspartner, der gemeinsam mit uns für die Sache arbeitet.

2. Interessen & Bedürfnisse der Verhandlungspartner klären

Meist beginnen Verhandlungen indem eine der beiden Parteien eine Forderung in den Raum stellt: Ein Mitarbeiter möchte mehr Gehalt, der Kunde bemängelt die Leistung oder der Lieferant nennt einen fixen Preis für sein Produkt. Wir halten sofort dagegen: „Der Firma geht es nicht gut genug für eine Lohnerhöhung.“ „Wir arbeiten schon jetzt mehr als sie bezahlen.“ „Das bekomme ich woanders günstiger.“

Was nun folgt ist oft ein endloses Feilschen um Positionen. Jeder gibt in kleinen Schritten ein wenig nach und man trifft sich irgendwo auf der Mitte oder gar nicht. Meist fühlt sich hinterher mindestens eine der beiden Parteien als Verlierer und hat das Gefühl, zu viele Zugeständnisse gemacht zu haben. Das ist für die künftige Zusammenarbeit eine wenig glückliche Basis.

Anstatt direkt abzublocken, sollten wir uns und unser Gegenüber fragen, welche Interessen genau hinter den Verhandlungspositionen stecken: Warum will der Mitarbeiter mehr Geld? Was ist dem Kunden so wichtig an diesem winzigen Detail, welches er bemängelt? Weshalb fordert der Lieferant diesen marktunüblichen Preis? Und warum wollen wir etwas ganz anderes?

Den Verhandlungsparteien geht es so gut wie nie um das Durchsetzen von Positionen, sie möchten viel eher Bedürfnisse befriedigen. Nur wenn wir alle diese Interessen kennen, können wir gemeinsam nach einem Weg suchen, möglichst viele der Bedürfnisse aller Beteiligten zu berücksichtigen. Oft stellt man nämlich fest, dass man gemeinsam auf der Interessenebene eine einfache Lösung finden kann, die konträre und anscheinend inkompatible Positionen miteinander vereint.

Beispiel: Ein Mitarbeiter fordert eine Gehaltserhöhung um 500 EUR, wir müssen jedoch in der aktuellen Situation sparen.

Zunächst sollten wir die gemeinsamen Interessen der Verhandlungspartner ermitteln, die in jedem Fall berücksichtigt werden können und müssen – weil es beiden nutzt. In diesem Beispiel das gemeinsame Interesse an einer guten Arbeitsbeziehung. „Warum/Warum-Nicht“-Fragen machen die unterschiedlichen Interessen bewusst.

  • Warum möchte der Mitarbeiter mehr Geld? Was verbindet er damit? Sucht er Wertschätzung oder ist der Kindergarten teurer geworden?
  • Wieso muss die Firma aktuell sparen? Welche Hemmnisse gibt es für eine Gehaltserhöhung? Ist es das Geld oder vielleicht das Gehaltsgefüge innerhalb des Unternehmens insgesamt?

Nur wenn beide Parteien sich über ihre eigenen Interessen und die des Gegenübers im Klaren sind, kann zusammen nach einer befriedigenden Lösung gesucht werden.

3. Vorteile für beide Seiten schaffen

Nachdem nun die Interessen aller Beteiligten geklärt sind, können gemeinsam Lösungen erarbeitet werden. Wie beim Brainstorming sollten alle Teilnehmenden dabei zunächst nach möglichst vielen Alternativen suchen, statt nur nach einer „perfekten“ Lösung. Die Kreativität wird schnell eingeschränkt, wenn man verfrüht urteilt. Daher erst einmal alle Möglichkeiten sammeln, ehe man sie später bewertet.

Wichtig: suchen sie nach Vorteilen für alle Beteiligten. Win-Win ist das Stichwort. Machen Sie Vorschläge, welche die Entscheidung der Gegenseite für eine Zustimmung erleichtern. Schließlich wollen sie doch einen Konsens und kein Gegeneinander.

Beispiel: Der Mitarbeiter möchte mehr Anerkennung für seine Leistungen, es geht ihm nicht primär um mehr Geld.

Wertschätzung lässt sich jedoch auch ohne Gehaltserhöhung ausdrücken:

  • Indem man den Mitarbeiter mit größeren Projekten betraut.
  • Ein größerer Dienstwagen zeigt ebenfalls, dass ein Mitarbeiter geschätzt wird.
  • Auch die Finanzierung einer Weiterbildung ist eine Form der Anerkennung.

4. Objektive Beurteilungskriterien nutzen

Suchen Sie jetzt gemeinsam nach möglichst objektiven Kriterien (beispielsweise den Marktwert, frühere Vergleichsfälle, wissenschaftliche Gutachten, …), anhand derer die gefunden Lösungen bewertet werden. Hilfreich sind hier vor allem solche Kriterien, die beide Seiten als fair empfinden.

Überlegen sie gemeinsam, welche Kriterien zur Beurteilung der Lösungsansätze wichtig sind und welche weniger wichtig. Dann bewerten sie die Ergebnisse aus Schritt 3 gemeinschaftlich und prüfen, inwieweit das Problem vielleicht bereits jetzt gelöst werden kann.

Einigen sich die Verhandlungsparteien auf ein Ergebnis, welches sie gemeinsam – anhand als fair empfundener Kriterien – ermittelt haben, so fühlt sich selbst ein „schlechtes“ Ergebnis nicht mehr als Niederlage an, sondern eher als der Situation angemessen. Beide Seiten haben aus der aktuellen Lage das Beste (für sich) herausgeholt.

Beispiel: Statt einer Gehaltserhöhung gibt es einen neuen Dienstwagen.

Der Mitarbeiter sieht, dass das Unternehmen ihn schätzt. Den Unternehmer kostet ein größerer Dienstwagen nur 143 EUR pro Monat anstelle von 500 EUR zuzüglich Sozialabgaben. Beide Parteien können ihre Interessen durchsetzen.

Vor- & Nachteile des Harvard-Verhandlungskonzepts

Das „sachbezogene Verhandeln“ (englisch: principled negotiating) ist ein gutes Konzept, um Verhandlungen erfolgreich zu führen. Die Harvard-Verhandlungsmethode bietet praktische Verhandlungstechniken an, die den positiven Fortgang einer Verhandlung fördern.

ABER: Das funktioniert leider nicht immer.

Nicht immer legen die Verhandlungsparteien ihre wahren Interessen komplett offen. Gerade im Businessumfeld ist das eher unwahrscheinlich. Meist sind auch nicht alle Verhandlungsteilnehmer gleich gut informiert.

Vor allem ist es in vielen Verhandlungssituationen ganz und gar nicht so, dass die Beteiligten es gut miteinander meinen und wirklich an einer gemeinsamen Win-Win-Situation interessiert sind. Dann stößt das Harvard-Verhandlungskonzept an seine Grenzen. Denn nur wenn alle Beteiligten offen, fair und positiv in die Verhandlung gehen, hat eine partnerschaftliche Lösung eine Chance.

Trotzdem – einen Versuch ist es wert! Denn für beide Seiten sind vorteilhafte Verhandlungslösungen, mit dauerhaft guten Beziehungen, immer tragfähiger als reine Machtsiege!

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