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Das agile WIR ist mehr als die Umsetzung agiler Methoden

agile Methoden
Gastbeitrag von Ulrike Stahl

Agile Methoden für sich alleine sind kein Erfolgsgarant zur modernen Unternehmensführung. Immer müssen sie durch die Teamdynamik unterstützt werden.

Agil allein ist zu wenig

In den Empfehlungen für eine moderne Unternehmensstrategie sind agile Methoden wie Kanban, Scrum, Scanban oder Design Thinking inzwischen fester Bestandteil. Sie machen Teams beweglicher – eine logische Antwort auf immer komplexere Aufgabenstellungen und immer volatilere Arbeitsumgebungen.

Die Praxis jedoch zeigt: Die neuen Methoden sind weder ein Allheilmittel, um aus nicht oder durchschnittlich performenden Teams Hochleistungsteams zu machen, noch garantieren sie, dass ein Hochleistungsteam auch weiterhin hervorragend performt.

Was muss also erfüllt sein, damit agile Methoden zur nachhaltigen Entfaltung der Teamleistung führen?

Die Menschen machen den Unterschied

Nicht die Methoden, vielmehr die Menschen und deren Fähigkeit, in diesem neuen Rahmen zusammenzuarbeiten, sind entscheidend. Agilität als Methodik basiert auf den Grundprinzipien der Verantwortlichkeit, der Teaminteraktion, der Zusammenarbeit mit Kunden sowie der Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen.

Wir Menschen sind vor allem soziale Wesen, die neben der Leistungs- und Ergebnisorientierung die Interaktion auszeichnet. Auch unbewusste Emotionen und Wahrnehmungen beeinflussen unsere Arbeit und das beabsichtigte Ergebnis. Nicht die perfekte Anwendung entscheidet, wie erfolgreich der Einsatz der agilen Methoden ist, sondern in welchem, Maß die Teamdynamik das unterstützt.

Drei Aspekte müssen integriert werden.

1. Informationsaustausch

Zur Kommunikation können wir Menschen unsere Gedanken differenziert in Worte fassen. Irrigerweise glauben wir trotzdem, man müsse uns auch ohne etwas zu sagen verstehen, weil wir unsere Sicht- oder Denkweise für selbstverständlich halten.

Kommunikation dient dem Austausch von Informationen – was nicht immer klappt. So beruhen über 80 Prozent aller Konflikte auf Missverständnissen und Fehlinterpretationen oder auf Informationen, die überhaupt nicht geflossen sind.

Unterschiedlicher Wortgebrauch und persönliche Auslegung sind Ursachen dafür. „Schnell“ kann „sofort“ oder „so schnell wie möglich“ bedeuten. Bei internationalen und verteilten Teams kommen Bedeutungsunterschiede bestimmter Wörter in verschiedenen Sprachen oder lokale Umgangsformen hinzu.

2. Sichtweisen

Ein Team sollte umso diverser aufgestellt sein, je komplexer die Aufgabenstellung ist. Unterschiedliche Menschen legen auf unterschiedliche Dinge wert und bewerten infolgedessen auch Ergebnisse unterschiedlich. So legt der Verkäufer Wert auf einen günstigen Preis für den Kunden, während für den Entwickler die höchstmögliche Qualität zählt.

Auch die Persönlichkeitsstruktur beeinflusst: Der eine sieht nur das Resultat, der andere auch den Weg dorthin. Entsprechend unterschiedlich wird das Feedback ausfallen. Sogar positiv gemeinte Kommentare können negativ aufgenommen werden, weil sie anders ausgedrückt werden, als man es selbst getan hätte.

3. Miteinander

Eigenverantwortung und starke Ichs sind Bestandteile des Erfolgs agiler Methoden. Durch Schule und Bewertungssysteme in Unternehmen sind wir es gewohnt, dass die Einzelleistung stärker als die Gemeinschaftsleistung beurteilt wird.

In agilen Teams jedoch muss uneingeschränkt akzeptiert werden, dass nur miteinander gute Ergebnisse erreicht werden. Eine große Herausforderung – besonders um kurze Sprintziele zu erreichen.

Stimmungen und Emotionen

Diese zwischenmenschlichen Spannungsfelder lösen sich mit dem Einsatz agiler Methoden nicht einfach in Luft auf. Das Team muss sich damit auseinandersetzen.

Leider erschwert es der Ergebnisdruck, auch weiche Themen anzusprechen. Je agiler und leaner wir werden, desto weniger Raum gibt es dafür. Dabei würde es sich lohnen, in ein stabiles Teamklima zu investieren.

Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang:  Emotionen dauern eher lange an, während Stimmungen flüchtig sind. Bei einer verbundenen, unterstützenden und förderlichen Teamatmosphäre ist es also eher unwahrscheinlich, dass sich die negative Stimmung eines Einzelnen negativ auf das Team als Ganzes auswirkt. Umgekehrt hellt jede einzelne positive Stimmung die Teamdynamik auf.

Psychologische Sicherheit

Auch auf der Beziehungsebene muss sich das agile Team selbst steuern. Eine Bestandsaufnahme ebnet den Weg von der agilen Methode zum agilen WIR. Sie erfasst die Diversität der Teammitglieder hinsichtlich Kommunikation, Werte und Arbeitsstil und macht die daraus entstehende Teamdynamik sichtbar.

Werden Transparenz, Verständlichkeit und Wertfreiheit beachtet, erleben alle Teammitglieder, dass ihre persönlichen Sichtweisen willkommen sind und ihre individuellen Bedürfnisse ernst genommen werden. Toleranz und Wertschätzung für Andersartigkeit wachsen.

Gleichzeitig entwickelt das Team eine gemeinsame Sprache, die es ermöglicht, Teamdynamiken vorwurfsfrei anzusprechen und zu hinterfragen. Daraus entsteht psychologische Sicherheit, mit der auch das Teamergebnis steht und fällt. Fehlt diese, stellen Teammitglieder Ergebnisse anderer nicht infrage und halten ihre Ideen aus Angst vor Ablehnung zurück.

Richtig eingesetzt führen agile Arbeitsweisen dazu, dass sich die Teammitglieder auf arbeitsbezogener Ebene z.B. in Stand-Up- und Retrospektive-Meetings intensiver austauschen können und gefordert werden, Bedenken zu äußern – ein wesentlicher Impuls in Richtung Schlüsselfaktoren für Problemlösefähigkeit im Wissenszeitalter:

  • stärkerer Informationsfluss
  • mehr Erfahrungsaustausch
  • zunehmende Kreativität
  • gemeinsames Lernen

Agilität erfordert Menschen, die Zusammenarbeit grundsätzlich wertvoller einschätzen als Einzelanstrengung. Bei der Transformation zum agilen Team ist die Entwicklung eines WIR-Mindsets entscheidend: miteinander gut zu funktionieren, ohne das ICH aufzugeben.

Die Autorin

Ulrike Stahl

Foto: Kersti Niglas

Ulrike Stahl ist eine gefragte Rednerin – auf der Bühne und online – Autorin und Expertin für Zusammenarbeit und das neue WIR im Business. Sie moderiert live oder remote Zukunfts-Cafés sowie Meetings mit Liberating Structures.

Wie geht konkurrenzlos erfolgreiche Zusammenarbeit? Wie entwickeln wir eine WIR-Kultur für uns selbst, in unseren Unternehmen und Verbänden? Darauf gibt sie Antworten, die wirken.

Sie ist Autorin des Buches „So geht WIRTSCHAFT! Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.“ – laut Handelsblatt eines der besten Wirtschaftsbücher.

Mehr Infos unter: www.ulrike-stahl.com

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Aber wie bereit und fit sind wir für den notwendigen Wandel? Wie fördert der W.I.R.-Mindset Kooperation? Und wie sind wir auch weiterhin erfolgreich?

Ulrike Stahl ist dem kooperativen Denken und Handeln auf der Spur und illustriert gekonnt, was den Unterschied macht.

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