Personal & Weiterbildung
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Arbeitszeugnisse: Gesundheit und Erfolg

Arbeitszeugnisse

Arbeitszeugnisse gelten vielen Arbeitnehmern immer noch als einer der wichtigsten Leistungsnachweise, wenn sie einen neuen Job suchen. Dabei haben sie längst an Bedeutung verloren. Nach einer Studie der Universität Erlangen-Nürnberg enthalten Arbeitszeugnisse zu 87 Prozent gute oder sogar sehr gute Bewertungen.

Trotzdem lohnt es sich, genau hinzuschauen, um sich keine Karrierechancen zu verbauen. Vorlagen für Arbeitszeugnisse können dabei helfen.

Killer-Bewertungen für den neuen Arbeitgeber

„Wir wünschen ihr alles Gute und Gesundheit.“ Klingt doch nett, ist aber nicht nett gemeint. Dahinter verbirgt sich schlicht und einfach die Warnung vor einem permanent kranken Mitarbeiter. Andere Klassiker aus der Welt der Arbeitszeugnisse sind:

„Er machte sich mit Eifer an die ihm anvertrauten Aufgaben.“ Das war’s dann aber auch schon.

„Bei Kunden war er sehr beliebt.“ Verhandeln gehört nicht zu seinen Kernkompetenzen.

„Sie hat sich mit Fleiß, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit an ihre Aufgaben gemacht.“ Sie war immerhin pünktlich, hat nicht gelogen und war nicht faul.

„Wir haben ihr Weiterbildungsmaßnahmen angeboten.“ Die hätte sie dringend benötigt.

„Seine gesellige Art hat das Betriebsklima verbessert.“ Der Mann hat ein Alkoholproblem.

Recht auf wohlwollend formuliertes Arbeitszeugnis

Arbeitgeber sind nach §109 Absatz 2 der Gewerbeordnung verpflichtet, scheidenden Mitarbeitern ein wohlwollend formuliertes Arbeitszeugnis auszustellten. Enthalten sein müssen eine Beschreibung der Arbeitsanforderungen sowie die Art und Weise, wie sie umgesetzt wurden.

Teil 1 verläuft in der Regel ohne Komplikationen. Bei der Bewertung wird es schwieriger. Erfolgte die Trennung eher nicht in beiderseitigem Einvernehmen, kann und darf der Arbeitgeber mit richterlichem Segen dezent nachtreten (s. o.).

Letzter Schritt: der Weg zum Arbeitsgericht

Bewegt sich der Ex-Boss dabei allerdings jenseits der Grenzen des Wohlwollens, kann der Ex-Mitarbeiter ein korrigiertes Zeugnis verlangen. Weigert sich die Gegenseite, bleibt nur der Gang zum Arbeitsgericht.

Wo die Grenzen liegen, hat das Bundesarbeitsgericht 2014 geurteilt: „Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben ‚zur vollen Zufriedenheit‘ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note ‚befriedigend‘. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen.

Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.“

Aus einem „befriedigenden“ Mitarbeiter muss also nicht zwingend ein „sehr guter“ werden.

Hilfreiche Vorlagen für Arbeitszeugnisse

Klingt nach einem allgemein gültigen Verschlüsselungs-Code bei der Beurteilung. Doch ganz so einfach ist es nicht. Wer kreativ formulieren kann, findet auch Bausteine außerhalb der Schablonen. Trotzdem ist es gut zu wissen – gerade, wenn es ein im Berufsleben wichtiger Arbeitgeber war –, was sich hinter gängigen Formulierungen verbirgt, um gegebenenfalls zu protestieren.

Dabei helfen Vorlagen für Arbeitszeugnisse. Die können auch für die Chefs kleinerer Unternehmen interessant sein, die keine eigene auf Arbeitsrecht spezialisierte Personalabteilung haben.

Alternative: Sie lassen das Zeugnis vom scheidenden Mitarbeiter selbst schreiben und beglaubigen es dann mit ihrer Unterschrift. Auch in diesem Fall ist es für die Zeugnis-Empfänger wichtig zu wissen, was sie da zum Absegnen vorlegen.

Probleme offen ansprechen

Wenn es tatsächlich nur für ein „befriedigend“ gereicht hat, nicht gleich den Kopf hängenlassen. Nicht immer passt die Chemie mit den Vorgesetzten, nicht immer ist das Tätigkeitsfeld genau auf die Qualifikation des Mitarbeiters zugeschnitten.

In dem Fall im Vorstellungsgespräch einfach offen mögliche Probleme aus der Vergangenheit ansprechen. Offenheit und Mut können auch belohnt werden. Es sei denn, das Zeugnis endet mit den Worten: „Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute – und vor allem Erfolg.“ Übersetzt: Er ist ein Loser. Mit so einer Bewertung sinkt die Chance deutlich, es überhaupt bis zum Vorstellungsgespräch zu schaffen.

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Holger Schöttelndreier

Freier Journalist und Autor. Jahrelange Erfahrung in Führungspositionen (Print und Online). U. a. Büroleiter BILD, Chefreporter Hamburger Morgenpost, Ressortleitung und Chefredaktion TV Hören + Sehen, Chefredakteur WOM Magazin, stellv. Chefredakteur Metal Hammer, Objektleiter Wirtschaftsmedien online Heinrich Bauer Verlag.

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    Qualifizierte Arbeitszeugnisse sind nach wie vor von Bedeutung, weil Schulzeugnisse in der heutigen Zeit kein starkes Kriterium für die Mitarbeiterauswahl sein können.

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