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Das Ungewisse managen: Wie Ihr Unternehmen aus der Problem-Hypnose erwacht

Petek - Das Ungewisse managen
Gastbeitrag von Rainer Petek

Es drückt aufs Gemüt, es lässt Prozesse erstarren, ganze Teams scheinen plötzlich wie gelähmt: Wenn das Ungewisse in Unternehmen Einzug hält – angesichts der unabsehbaren Folgen des Brexit-Votums, weil Geschäfte nach den Sanktionen gegen Russland ins Stocken geraten, aufgrund von sich abzeichnenden Umbrüchen durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung – dann kommen ganze Betriebe gefühlt in den Stillstand.

Dabei ist es doch heutzutage ganz „normal“, dass Veränderungen schnell und plötzlich stattfinden. Was passiert also?

Die Macht des Abgrunds

Ich nenne diese Reaktion auf ungewisse Situationen in Unternehmen die „Problem-Hypnose“. Schon so manches Team ist ihr verfallen. Die Unternehmen beleuchten dabei ein Problem und dessen mögliche negative Konsequenzen immer wieder aus sämtlichen Blickwinkeln und blähen es durch die ständige Versorgung mit Aufmerksamkeit so auf, dass die Teammitglieder irgendwann ausschließlich mit dem Problem und dessen hypothetischem Negativszenario beschäftigt sind. Ihre ganze Energie wird davon absorbiert.

Das gleiche Gefühl überfiel mich einmal am Berg, als ich mich unglücklich verklettert hatte. Ich glaubte, abstürzen zu müssen, und ertappte mich schließlich dabei, wie ich nur noch in den gähnenden und angsteinflößenden Abgrund unter mir starrte. So gewann er immer mehr Macht über mich.

Das Phänomen in Unternehmen ist das gleiche: Wenn Sie und Ihr Team in die Problem-Hypnose rutschen, verstellen Sie sich vollkommen den Blick auf Ihr eigentliches Ziel, den sinnbildlichen Berggipfel. Denn jegliche Denkkraft konzentriert sich auf das Problem, an dem niemand mehr vorbeisehen kann.

Die Entscheidung zur Lösung

Um aus dieser Hypnose aufzuwachen, hilft nur eines: Ihre Blickrichtung zu ändern. Das half mir auch am Berg: In meiner scheinbar aussichtslosen Situation zwang ich mich, den Blick vom Abgrund abzuwenden – und plötzlich sah ich die Lösung ganz klar vor mir. Der simple Perspektivwechsel, mich in der Wand 50 Zentimeter zurückzulehnen, brachte die Veränderung. Dort oben war der nächste Vorsprung, an dem ich mich festhalten und weitermachen konnte.

Wenn Sie in der Problem-Hypnose feststecken, dann wechseln Sie die Perspektive. Das ist der erste Schritt heraus aus dem negativen Kopfkino in einen Lösungsmodus, der Sie und Ihr Team weiterbringt.

Im Anschluss ist Vorsicht geboten. Dann an dieser Stelle verfallen viele Teams sofort ins klassische Planen. Eine Roadmap muss her, eine wunderschöne PowerPoint-Präsentation wird erstellt, die Geschäftsleitung beruft alle zum Kreativtag ein. Nur – ins tatsächliche Handeln kommt damit die wenigsten. Denn im schnelllebigen 21. Jahrhundert helfen schöne Pläne meist nicht viel. Ich möchte sogar behaupten, es ist gar nicht mehr möglich, eine Geschäftslage erschöpfend einzuschätzen und zu berechnen. Gerade in ungewissen Situationen sind Pläne schnell überholt.

Um erfolgreich vom Fleck zu kommen, braucht es Menschen, die Entscheidungen treffen! Ich zum Beispiel entschloss mich Ende der Neunzigerjahre, meine Erkenntnisse als Bergführer den Managern in Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Manche dachten, ich spinne, andere warteten ab. Tatsächlich konnte mir kein Mensch sagen, ob das funktioniert. Aber ich war mir meiner Entscheidung sicher. Ich wusste, um herauszufinden, ob es sich lohnt, musste ich den Schritt einfach tun. Und genau das Gleiche gilt auch für Unternehmen.

Workshops in den Bergen

Foto: Rainer Petek

Führen im Ungewissen

Nun möchte ich Sie nicht abschrecken, keine Sorge. Ohne Vorbereitung und quasi planlos müssen Sie nicht ins kalte Wasser springen. In den Zustand der Entscheidungsfähigkeit können Sie sich Schritt für Schritt versetzen, indem Sie folgende drei Steps durchlaufen:

1. Führen Sie sich Ihre Erfolge vor Augen

Besinnen Sie sich auf Situationen, in denen Sie und Ihr Unternehmen stark waren. Welche Ihrer Qualitäten haben in diesem Moment zum Erfolg geführt? Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit ganz bewusst auf die Erfolgserlebnisse und Stärken Ihres Unternehmens bzw. Teams. Das lässt Sie nicht nur an Ihren (erneuten) Erfolg glauben, sondern nimmt Ihnen auch die Ausreden, warum es diesmal nicht klappen sollte.

2. Seien Sie hart und hoffnungsvoll mit sich und Ihrem Team

Machen Sie sich ein Bild von allem, was kommen könnte und noch unklar ist – den Hindernissen, den Gefahren, den Ungewissheiten. Fragen Sie sich zuerst: „Mit welchen unserer Stärken könnten wir dem begegnen?“ Und fragen Sie sich dann ganz hart und ehrlich: „Können wir das packen?“ Lautet die Antwort „Ja“, dann bauen Sie automatisch die nötige Stärke auf – um erstens die Entscheidung zu treffen, und um zweitens später in der Realität gemeinsam mit Ihrem Team die schwierigen Passagen zu meistern. Und wenn die Antwort „Nein“ lautet? Wunderbar! Ein „Nein“ ist genauso eine Entscheidung! Denn viele Teams preschen mit großer Euphorie vor – am Berg wie im Business – anstatt zu erkennen, wenn es gefährlich wird.

3. Glauben Sie an Ihr Team

Wenn ich in eine Bergwand einsteige, dann nur mit Partnern, auf die ich zu 100 Prozent vertraue. Mein Freund Sepp ist so einer und nur deshalb bin ich mit 19 Jahren mit ihm in die Nordwand der Grandes Jorasses eingestiegen, eine der schwierigsten Wände der Alpen. Und das ist das Geheimnis eines erfolgreichen Chefs in unsicheren Zeiten: Er hat das Zutrauen, dass seine Leute mit ihren Talenten die Situation drehen können – und lässt sie das auch wissen.

Wie führen Sie also Ihr Team endgültig aus der Problem-Hypnose angesichts des Ungewissen heraus? Indem Sie es im Glauben bestärken, dass es fähig ist, die Probleme zu lösen.

Der Blick geht dann weg vom Problem, hin zu Lösungen. Die Handbremse ist gelöst. Das Schöne daran: Der Prozess startet jetzt mit allen und nicht nur in wenigen Köpfen in der Führungsetage. Denn Sie brauchen nicht länger einen großen Masterplan bis zum Gipfel, sondern entscheiden sich von Seillänge zu Seillänge neu. Sie klettern die Etappe, bewerten die Erfahrung damit und priorisieren für den nächsten Schritt neu. Sie kennen die Risiken immer noch nicht genau. Aber Sie bekommen das Ungewisse endlich in den Griff!

Der Autor

Rainer PetekRainer Petek ist Autor, Speaker und Extrembergsteiger. Mit einem kennt der gebürtige Österreicher sich ganz besonders aus: dem Umgang mit dem Ungewissen.

Bereits in jungen Jahren durchstieg er die schwierigsten Nordwände der Alpen, über zwölf Jahre führte er als Profibergführer Kunden durch Extremrouten.

Seit 1998 begleitet der Autor Management-Teams internationaler Konzerne als Berater in herausfordernden Situationen und Umbruchphasen.

Rainer Petek zeigt Parallelen zwischen Berg und Business auf und belegt daran immer wieder aufs Neue: »Wir überschätzen das Ausmaß an Planbarkeit und unterschätzen unsere Möglichkeiten im Umgang mit dem Ungewissen.«

www.rainerpetek.com

Allgemeine Infos zum Buch

Titel: In der Nordwand: Wie Sie das Ungewisse managen*

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Inhalt: Ungewissheit ist für Unternehmen die neue Normalität. Dieses Buch zeigt, wie Sie trotz des Verlusts der Vorhersagbarkeit und trotz plötzlicher Veränderungen wieder die Kontrolle erlangen: durch Sicherheit im Umgang mit der Unsicherheit.

Taschenbuch: 112 Seiten
Verlag: Neopubli
ISBN-13: 978-3741809507
Preis: 11 EUR

Petek - Das Ungewisse managen

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Foto: Rainer Petek

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