Droht deinem Unternehmen eine Insolvenz? Mit den richtigen Tests und Formeln kannst du Zahlungsunfähigkeit, drohende finanzielle Engpässe und Überschuldung frühzeitig erkennen.
In diesem Artikel erfährst du, wie du deine finanzielle Lage analysierst, rechtzeitig Maßnahmen ergreifst und dein Unternehmen absicherst. Eine fundierte Einschätzung kann helfen, größere wirtschaftliche Probleme zu vermeiden – bevor es zu spät ist.
Inhalt
- 1. Test – Bist du zahlungsunfähig?
- 2. Test – Droht deinem Unternehmen Zahlungsunfähigkeit?
- 3. Test – Ist dein Unternehmen überschuldet?
- Checkliste: So erkennst du Insolvenzrisiken frühzeitig
- Zusätzliche Ressourcen zur Insolvenzprävention
1. Test – Bist du zahlungsunfähig?
Rechtsgrundlage: InsO § 17 Zahlungsunfähigkeit: Ein Unternehmen gilt als zahlungsunfähig, wenn es nicht in der Lage ist, fällige Rechnungen zu begleichen.
💡 Faustregel: Ein Unternehmen ist zahlungsfähig, wenn es innerhalb von drei Wochen mindestens 90 % seiner fälligen Verbindlichkeiten bezahlen kann.
📌 Formel zur Berechnung:
(Liquide Mittel + erwartete Zahlungseingänge in 3 Wochen) × 100
÷ (Fällige & in 3 Wochen fällige Verbindlichkeiten) ≤ 90 %
🔎 Praxisbeispiel:
Ein Unternehmen hat zum 1. März 30.000 € liquide Mittel und rechnet in den nächsten drei Wochen mit 10.000 € Zahlungseingängen. Gleichzeitig sind 50.000 € an Verbindlichkeiten fällig.
👉 Berechnung:
(30.000 € + 10.000 €) × 100 ÷ 50.000 € = 80 %
❗ Da die Deckung unter 90 % liegt, ist das Unternehmen zahlungsunfähig gemäß § 17 InsO.
2. Test – Droht deinem Unternehmen Zahlungsunfähigkeit?
Rechtsgrundlage: InsO § 18 Drohende Zahlungsunfähigkeit
Ein Unternehmen gilt als drohend zahlungsunfähig, wenn es in absehbarer Zukunft voraussichtlich nicht mehr alle Rechnungen pünktlich bezahlen kann.
💡 Faustregel: Zahlungsprobleme sind absehbar, wenn du erwartest, dass deine Einnahmen & liquiden Mittel in den nächsten Monaten nicht ausreichen, um alle fälligen Verbindlichkeiten zu decken.
📌 Wie erkennst du drohende Zahlungsprobleme?
✅ Deine Einnahmen schwanken stark oder gehen zurück.
✅ Große Rechnungen stehen bald an, aber es fehlen Rücklagen.
✅ Zahlungsausfälle häufen sich und verzögern deinen Cashflow.
✅ Banken oder Investoren zögern mit neuen Krediten.
📌 Frühzeitige Analyse hilft!
Die Formel aus dem ersten Test kannst du auf einen längeren Zeitraum anwenden (z. B. die nächsten 6–12 Monate), um finanzielle Engpässe frühzeitig zu erkennen.
3. Test – Ist dein Unternehmen überschuldet?
Rechtsgrundlage: InsO § 19 Überschuldung
Ein Unternehmen gilt als überschuldet, wenn die Gesamtschulden höher sind als das Vermögen – es sei denn, die Fortführung des Betriebs ist wahrscheinlich.
📌 Formel zur Berechnung:
Verbindlichkeiten > Vermögenswerte = Überschuldung
💡 Wichtiger Hinweis:
Wenn eine positive Fortführungsprognose vorliegt, dürfen Unternehmen ihre Vermögenswerte nach Fortführungswerten bewerten. Das bedeutet, dass Werte wie Maschinen, Immobilien oder Patente höher angesetzt werden können, weil das Unternehmen weiterläuft.
👉 Aber: Falls die Fortführung unwahrscheinlich ist, müssen alle Vermögenswerte nach dem Liquidationswert angesetzt werden. Dieser liegt oft deutlich unter dem ursprünglichen Marktwert, da eine schnelle Verwertung nötig wäre.
Fortführungsprognose: Kann dein Unternehmen weiterbestehen?
Eine Fortführungsprognose prüft, ob ein Unternehmen langfristig zahlungsfähig bleibt und seine Verbindlichkeiten bedienen kann. Sie ist entscheidend, wenn eine Überschuldung (§ 19 InsO) vorliegt – denn nur mit einer positiven Fortführungsprognose entfällt die Insolvenzantragspflicht.
📌 Wann gilt die Prognose als positiv?
✅ Das Unternehmen kann seine Schulden mittelfristig begleichen.
✅ Es gibt belastbare Zukunftsplanungen (z. B. Liquiditäts- & Ertragsplanung).
✅ Es bestehen konkrete Maßnahmen zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit (z. B. neue Aufträge, Investoren, Finanzierungszusagen).
📌 Welche Faktoren sind entscheidend?
🔹 Zeitraum: In der Regel 12 Monate, in Ausnahmefällen länger.
🔹 Datenbasis: Die Prognose muss sich auf belastbare Zahlen stützen (Umsatzprognosen, Kostenschätzungen, Zahlungspläne).
🔹 Nachweise: Banken, Investoren oder Gläubiger müssen Vertrauen in die Fortführung des Unternehmens haben.
Bedeutung in der Insolvenz
Die Fortführungsprognose entscheidet, ob das Unternehmen nach Fortführungswerten oder Liquidationswerten bewertet wird.
✅ Positive Fortführungsprognose:
Liegt eine glaubwürdige Prognose vor, dass das Unternehmen weitergeführt werden kann, besteht keine Insolvenzantragspflicht. Das Vermögen wird in diesem Fall nach den Fortführungswerten bewertet.
❌ Negative Fortführungsprognose:
Kann eine Fortführung nicht dargelegt werden, müssen alle Vermögenswerte nach Liquidationswerten bewertet werden. Falls die Verbindlichkeiten dann höher sind als der Liquidationswert, liegt eine Überschuldung vor – eine Insolvenzantragspflicht besteht.
📌 Beispiele für eine Fortführungsprognose:
Ein Unternehmen könnte eine Fortführungsprognose durch folgende Maßnahmen untermauern:
- Abschluss eines Großauftrags, der für stabile Einnahmen sorgt.
- Einigung mit Gläubigern auf eine Stundung oder einen Schuldenschnitt.
- Zusicherung einer Kreditlinie durch eine Bank.
➡ Kurz gesagt: Ohne eine schlüssige Fortführungsprognose droht die Insolvenz – mit einer plausiblen Strategie kannst du dein Unternehmen retten.
Liquidationswert: Was bleibt im Ernstfall übrig?
📌 Was bedeutet Liquidationswert?
Der Liquidationswert ist der geschätzte Wert, den ein Unternehmen oder einzelne Vermögensgegenstände erzielen, wenn sie schnell verkauft werden müssen – z. B. im Insolvenzfall. Da solche Verkäufe oft unter Zeitdruck und ungünstigen Bedingungen stattfinden, liegt der Liquidationswert meist deutlich unter dem Marktwert.
📌 Wie werden Vermögenswerte bewertet?
🔹 Immobilien – Verkauf oft unter Marktwert wegen Zeitdruck.
🔹 Maschinen & Anlagen – Meist nur Altmetall- oder Gebrauchtwert.
🔹 Forderungen – Verkauf mit hohem Abschlag, da unsicherer Zahlungseingang.
🔹 Warenbestände – Abverkauf oft unter Einkaufspreis.
📌 Bedeutung in der Insolvenz:
❌ Negative Fortführungsprognose? Dann müssen alle Vermögenswerte zum Liquidationswert angesetzt werden.
❌ Überschuldung? Falls die Verbindlichkeiten die Liquidationswerte übersteigen, besteht Insolvenzantragspflicht (§ 19 InsO).
✅ Positive Fortführungsprognose? Dann dürfen die Vermögenswerte höher angesetzt werden (Fortführungswert).
📌 Beispiel:
Ein Unternehmen besitzt eine Maschine mit einem ursprünglichen Kaufpreis von 100.000 €. Wird sie unter Zeitdruck verkauft, liegt der erzielbare Preis nur bei 30.000 € – das ist der Liquidationswert.
➡ Kurz gesagt: Der Liquidationswert entscheidet im Insolvenzfall darüber, ob dein Unternehmen überschuldet ist oder nicht.
Checkliste: So erkennst du Insolvenzrisiken frühzeitig
Diese Checkliste hilft dir, die finanzielle Lage deines Unternehmens realistisch einzuschätzen und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen.
1. Finanzlage prüfen
- Alle wichtigen Daten zusammenstellen: Liquide Mittel, fällige Verbindlichkeiten, erwartete Zahlungseingänge.
- Mit der Zahlungsunfähigkeits-Formel berechnen, ob alle Rechnungen in den nächsten drei Wochen beglichen werden können.
2. Langfristige Planung
- Prüfen, ob das Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten alle Zahlungspflichten erfüllen kann (drohende Zahlungsunfähigkeit).
- Sicherstellen, dass das Geschäftsmodell auf stabilen Einnahmen basiert.
3. Vermögensbewertung & Überschuldungstest
- Eine Übersicht aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erstellen.
- Falls die Schulden das Vermögen übersteigen, prüfen, ob eine positive Fortführungsprognose möglich ist.
4. Fortführungsprognose erstellen
- Analysieren, ob das Unternehmen realistisch fortgeführt werden kann.
- Falls nicht: Vermögen nach Liquidationswerten bewerten und eine mögliche Insolvenzantragspflicht prüfen.
5. Handlungsbedarf erkennen & Maßnahmen ergreifen
- Falls eine oder mehrere Prüfungen negativ ausfallen, sofort eine Sanierungsstrategie entwickeln.
- Mögliche Maßnahmen:
- Verhandlungen mit Gläubigern (Schuldenschnitt, Stundung)
- Finanzierung sichern (Kredite, Investoren)
- Liquiditätsreserven aufbauen (z. B. Lagerbestände verkaufen)
- Insolvenzprävention durch professionelle Beratung
Zusätzliche Ressourcen zur Insolvenzprävention
Weitere Informationen zur Insolvenzvermeidung, Berechnungsformeln und rechtlichen Grundlagen findest du in unter dem Stichwort Insolvenz.
Nutze außerdem unsere Praxis-Checks:
- Insolvenz-QuickCheck – Erste Einschätzung deiner finanziellen Lage
- Schnelltest zur Insolvenzgefahr – Prüfe, ob dein Unternehmen gefährdet ist
Je früher du handelst, desto größer sind die Chancen, dein Unternehmen zu stabilisieren und eine Insolvenz abzuwenden.

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