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Kennzahlen zur langfristigen Liquidität

langfristigen Liquidität

Neben Kennzahlen zur Bewertung der kurzfristigen Liquidität existieren auch solche, die eine Analyse der langfristigen Liquidität eines Unternehmens ermöglichen.

Diese möchte ich im Folgenden kurz vorstellen, die jeweilige Berechnungsformel zeigen und ihre Aussage erläutern.

Kennzahlen zur langfristigen Liquidität

Die Analyse der langfristigen Liquidität dient der Ermittlung der Kreditwürdigkeit und langfristigen finanziellen Stabilität eines Unternehmens. Hierbei hilft es bestimmte Finanzierungsregeln einzuhalten:

  • Die Laufzeit der Finanzierungsmittel sollte der Nutzungsdauer der Investitionsobjekte entsprechen.
  • Langfristig gebundenes Vermögen sollte durch langfristige Mittel finanziert sein.
  • Nach Möglichkeit sollte auch ein Teil des Umlaufvermögens, mindestens aber der durchschnittliche Vorratsbestand, langfristig finanziert sein. (Wobei die meisten Dienstleister ja kaum Vorräte haben…)

Die folgenden Kennzahlen bringen zum Ausdruck, inwieweit die Finanzierungsregeln tatsächlich eingehalten wurden. Je höher der Prozentsatz der Deckungsgrade, umso stabiler steht das Unternehmen finanziell da.

Man sollte jedoch in Bezug auf das eigene Unternehmen immer auch Branchenkennzahlen als Vergleich hinzu ziehen, um eine relevante Aussage treffen zu können.

Deckungsgrad 1

Deckungsgrad 1 = Eigenkapital / Anlagevermögen x 100

Er zeigt, in welchem Maße das Anlagevermögen durch Eigenkapital gedeckt ist.

Dieser Wert sollte zwischen 80% und 100% sein, ein Leben auf zu viel Pump ist auf Dauer gefährlich!

Deckungsgrad 2

Deckungsgrad 2 = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen x 100

Er gibt an, ob das Anlagevermögen durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital finanziert wird.

Dieser Wert sollte zwischen 100% und 120% sein, da ansonsten das Risiko eines kurzfristig drohenden Liquiditätsengpasses besteht. So könnte der Unternehmer bei Fälligkeit kurzfristiger Verbindlichkeiten in Zahlungsschwierigkeiten geraten, falls das Umlaufvermögen zur Deckung nicht ausreicht und das Anlagevermögen nicht so schnell liquidierbar ist.

Deckungsgrad 3

Deckungsgrad 3 = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / (Anlagevermögen + Vorräte) x 100

Diese Kennzahl zeigt, ob sowohl das Anlagevermögen als auch die Vorräte langfristig finanziert werden.

Der Deckungsgrad 3 sollte rund 100% betragen, dann kann davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen solide finanziert ist.

Die Bedeutung der langfristigen Liquidität in verschiedenen Branchen

Die langfristige Liquidität ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg jedes Unternehmens – ihre konkrete Bedeutung und die Gewichtung der einzelnen Kennzahlen können jedoch je nach Branche variieren. Hier sind einige Beispiele, wie die Deckungsgrade in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen zum Einsatz kommen:

Industrie: Fokus auf Investitionen

In der Industrie sind Investitionen in Maschinen, Anlagen und Produktionsmittel oft besonders hoch. Hier ist der Deckungsgrad 2 von zentraler Bedeutung, da langfristiges Fremdkapital neben dem Eigenkapital eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung spielt. Unternehmen in dieser Branche müssen sicherstellen, dass ihr Anlagevermögen stabil und nachhaltig finanziert ist, um Produktionsunterbrechungen oder Engpässe zu vermeiden.

Handel: Vorräte und Umlaufvermögen im Blick

Im Handel spielt der Deckungsgrad 3 eine besondere Rolle. Neben dem Anlagevermögen müssen auch große Vorräte, wie Lagerbestände, langfristig abgesichert sein. Hier gilt es, eine ausgewogene Finanzierung sicherzustellen, damit Liquiditätsengpässe vermieden werden – beispielsweise während saisonaler Spitzenzeiten, in denen mehr Kapital gebunden ist.

Dienstleistung: Eigenkapital im Fokus

Im Dienstleistungssektor, wo oft weniger Anlagevermögen benötigt wird, ist der Deckungsgrad 1 ein wichtiger Indikator. Da diese Unternehmen oft geringere Fremdkapitalbedarfe haben, wird die Eigenkapitalquote zum zentralen Gradmesser für die finanzielle Stabilität. Insbesondere Start-ups und kleinere Dienstleistungsunternehmen sollten darauf achten, dass ihre Eigenkapitalbasis ausreicht, um langfristige Verpflichtungen zu decken.

Bauwirtschaft: Langfristige Projekte und Risiken

In der Bauwirtschaft sind Großprojekte mit langen Laufzeiten typisch. Hier ist eine genaue Analyse aller drei Deckungsgrade essenziell. Der Deckungsgrad 2 hilft zu beurteilen, ob laufende Projekte solide finanziert sind, während der Deckungsgrad 3 sicherstellt, dass auch Materialien und Vorräte langfristig abgesichert sind. Fehlkalkulationen in diesen Bereichen können erhebliche finanzielle Risiken bergen.

Landwirtschaft: Anlagevermögen und Nachhaltigkeit

Die Landwirtschaft ist stark an das Anlagevermögen gebunden – von Land und Gebäuden bis zu Maschinen. Der Deckungsgrad 1 ist hier zentral, da Landwirte oft langfristige Finanzierungen benötigen, die durch Eigenkapital abgesichert werden sollten. Gleichzeitig ist die langfristige Finanzierung von Betriebsmitteln durch den Deckungsgrad 2 entscheidend, um wirtschaftlich nachhaltig zu bleiben.

Jeder Branche ihre Prioritäten

Je nach Branche und Geschäftsmodell können die Deckungsgrade unterschiedliche Prioritäten haben. Ein ganzheitlicher Blick auf die langfristige Liquidität, der die branchenspezifischen Besonderheiten berücksichtigt, ist entscheidend, um finanzielle Stabilität und Wachstum zu sichern.

Weitere wichtige Kennzahlen für die langfristige Liquidität

Neben den Deckungsgraden gibt es weitere zentrale Kennzahlen, die Unternehmen dabei unterstützen, ihre langfristige Liquidität und finanzielle Stabilität zu analysieren und zu sichern.

Diese Kennzahlen bieten zusätzliche Einblicke und ergänzen die Betrachtung der langfristigen Finanzierung.

1. Eigenkapitalquote

Eigenkapitalquote (%) = (Eigenkapital / Gesamtkapital) × 100

Die Eigenkapitalquote zeigt, wie hoch der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital eines Unternehmens ist. Eine hohe Eigenkapitalquote signalisiert finanzielle Stabilität und Unabhängigkeit von Fremdkapitalgebern. Sie ist besonders wichtig, um langfristige Investitionen solide abzusichern und das Vertrauen von Kreditgebern und Investoren zu stärken.

2. Cashflow

Der Cashflow gibt an, wie viel liquide Mittel ein Unternehmen durch seine Geschäftstätigkeit generiert. Er ist ein Indikator dafür, ob ein Unternehmen in der Lage ist, langfristige Verbindlichkeiten zu bedienen, Investitionen zu tätigen und finanzielle Reserven aufzubauen. Ein positiver Cashflow ist essenziell, um finanzielle Engpässe zu vermeiden.

Arten von Cashflows:

  • Operativer Cashflow (aus dem Tagesgeschäft)
  • Investitions-Cashflow
  • Finanzierungs-Cashflow

3. Verschuldungsquote

Verschuldungsquote (%) = (Fremdkapital / Gesamtkapital) × 100

Die Verschuldungsquote misst den Anteil der Verbindlichkeiten am Gesamtkapital. Sie gibt Aufschluss darüber, wie stark ein Unternehmen auf Fremdkapital angewiesen ist. Eine hohe Verschuldungsquote kann auf finanzielle Risiken hinweisen, während eine niedrige Quote für finanzielle Stabilität spricht.

4. Zinsdeckungsgrad

Zinsdeckungsgrad = EBIT / Zinsaufwand

Der Zinsdeckungsgrad zeigt, wie gut ein Unternehmen in der Lage ist, die Kosten für Fremdkapital (Zinsen) durch seine operativen Gewinne zu decken. Diese Kennzahl ist besonders für Unternehmen wichtig, die auf langfristige Kredite angewiesen sind.

5. Liquiditätsgrad 3 (Current Ratio)

Liquiditätsgrad 3 = Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten

Der Liquiditätsgrad 3 misst, in welchem Verhältnis das Umlaufvermögen zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten steht. Diese Kennzahl hilft, die kurzfristige Zahlungsfähigkeit zu bewerten, hat jedoch auch Auswirkungen auf die langfristige Liquidität, da sie zeigt, ob ein Unternehmen flexibel auf finanzielle Herausforderungen reagieren kann.

Warum ergänzende Kennzahlen wichtig sind

Die Deckungsgrade allein reichen nicht aus, um ein vollständiges Bild der finanziellen Situation eines Unternehmens zu erhalten. Die hier genannten Kennzahlen bieten zusätzliche Perspektiven und helfen dabei, finanzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und die langfristige Liquidität strategisch zu sichern.

Zusammenhang der Kennzahlen verstehen und nutzen

Ein umfassender Blick auf die langfristige Liquidität und ihre Kennzahlen hilft dir, die finanzielle Stabilität deines Unternehmens zu sichern. Indem du nicht nur die Deckungsgrade, sondern auch ergänzende Kennzahlen wie die Eigenkapitalquote oder den Cashflow analysierst, kannst du Risiken frühzeitig erkennen und gezielt gegensteuern. So legst du den Grundstein für nachhaltiges Wachstum und langfristigen Erfolg.

Mehr Informationen zum Thema Liquidität

Hier der Link zu allen Artikeln rund um Liquidität:

Liquidität

Vorlage für die Liquiditätsplanung

Pierre Tunger hat eine tolle Excel-Vorlage für die Liquiditätsplanung entwickelt. Mit diesem Tool überblickst Du ganz leicht die Entwicklung Deines Geldbestands. Du erkennst auf einen Blick, welche Gelder nicht gebunden sind und z.B. für Investitionen zur Verfügung stehen, aber auch wann ein Zahlungsengpass oder sogar eine Zahlungsunfähigkeit droht.

Die Vorlage kannst Du Dir hier anschauen:

Jetzt die Vorlage Liquiditätsplanung testenAnlagevermögen

Literaturtipps

Hier sind drei aktuelle Literaturtipps, die sich mit dem Thema Liquidität und Liquiditätssteuerung befassen und Unternehmern sowie Selbstständigen praxisnahes Wissen vermitteln:

Finanz- und Liquiditätssteuerung*

Dieses Buch bietet praxisorientierte Instrumente des Controllings, um die Finanzen eines Unternehmens effektiv zu steuern. Es richtet sich insbesondere an mittelständische Unternehmen und stellt ein bilanzorientiertes Steuerungsinstrumentarium vor.

Handbuch Liquiditätsrisiko: Identifikation, Messung und Steuerung*

Dieses Handbuch analysiert umfassend den gesamten Komplex des Liquiditätsrisikos. Es legt einen besonderen Fokus auf aufsichtsrechtliche Anforderungen und die Integration von Liquiditätsrisiken in andere Risikoarten.

Liquiditätsplanung: Das Steuerungstool für zukunftssicheres unternehmerisches Handeln – ein Praxisleitfaden*

Dieser Praxisleitfaden konzentriert sich auf die präzise Abbildung zukünftiger Zahlungsströme und bietet ein konzeptionell stringentes Planungsmodell zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens.

Diese Literatur bietet fundierte Einblicke und praxisnahe Ansätze zur effektiven Liquiditätssteuerung in Unternehmen.

Kennzahlen zur langfristigen Liquidität

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