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Stolpersteine in der Einführung von Unternehmenssoftware

Einführung von Unternehmenssoftware
Gastbeitrag von Heike Mews

Bei der Einführung komplexer Systeme, wie die einer CRM-, ERP- oder Agentursoftware-Lösung gibt es einige Stolpersteine, die das Projekt gefährden oder sogar scheitern lassen. Die mangelhafte oder ungenügende Nutzung der Software – von Beginn an oder später – ist ein wesentlicher Aspekt, was in zahlreichen Zufriedenheitsstudien belegt worden ist.

Es ist vertrackt: Da wird für viel Geld eine Software angeschafft, um die Geschäftsprozesse effektiver und effizienter zu gestalten, aber nach einer bestimmten Zeit wird die Software nicht mehr richtig genutzt, kam nie wirklich „ins Laufen“ oder ihr Einsatz hat die Erwartungen nicht erfüllt. „Die Software wurde nicht angenommen!“, „Meine Mitarbeiter haben die Arbeit mit der Software verweigert“, „Es wurde nie gerne mit der Software gearbeitet“: Feststellungen, die zur Ablösung einer Software führen und doch sehr oft gar nicht in der Software begründet sind.

Es gibt eine Reihe von Gründen, weshalb Software-Projekte scheitern. Einer davon ist die mangelnde Akzeptanz der Software bei denen, die damit arbeiten sollen – von Mitarbeiter/innen in der Grafik über Kundenberatung und Projektleitung bis zur Geschäftsführung.

Was bedeutet „fehlende Akzeptanz“ und wie sieht sie aus?

Wird eine Software von den Mitarbeitern nicht akzeptiert, kann dies enorme Folgen für die Agentur haben, vor allem dann, wenn diese Nicht-Akzeptanz…

  • …lediglich einen Teil der Mitarbeiter betrifft: die Daten werden dadurch unvollständig erfasst, was zu fehlerhaften Entscheidungen führen kann und zu der Einschätzung, sich nicht auf die Software verlassen zu können.
  • … erst nach und nach offenkundig wird: treten die Probleme erst auf, wenn die Software bereits eingeführt wurde, wird unter Umständen viel Geld in den Sand gesetzt.
  • … nie wirklich als Problem erkannt wird: eine Schein-Akzeptanz führt zu rudimentärem Einsatz; die Software kann ihr wirkliches Potential nicht entfalten.

Mangelnde Akzeptanz hat viele Formen und ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Offensichtlich ist die offene, klar ausgesprochene Weigerung, die Software zu nutzen, wie sie teilweise bei der Zeiterfassung zu finden ist. Die anderen Formen sind weniger gut erkennbar: Eingaben werden vergessen, verschoben oder delegiert. Am problematischsten ist es wenn die Verweigerung zwar verneint, aber Scheinargumente angeführt werden, die sich um den Sinn, den Nutzen, die Usability oder fehlende Zeit drehen – vor allem, wenn sie bei anderen auf fruchtbaren Boden fallen.

Mangelnde Akzeptanz führt zu

  • … fehlenden (z.B. Zeiterfassung, Kontaktberichte),
  • … falschen (z.B mangelhafte Adresspflege),
  • … unvollständigen (nur durch einen Teil der Anwender gepflegten) Daten,

was wiederum zu Nichtakzeptanz führt – und verhindert so den erfolgreichen, gewinnbringenden Einsatz der Software.

Mangelnde Akzeptanz

Grafik © Heike Mews

Und obwohl sich diese Spirale auch durch andere Ursachen gescheiterter Software-Projekte entwickeln kann, besteht das größte Risiko in der mangelnden Akzeptanz. Denn die Basis einer erfolgreichen Nutzung sind vollständige und aktuelle Daten und diese können nicht ohne motivierte Mitarbeiter optimal gepflegt werden. Engagierte Mitarbeiter/innen, die Sinn und Nutzen der Software erkennen und die Anschaffung begrüßen, finden auch dann Wege, wenn doch mal Probleme entstehen.

Wie kann sich fehlende Akzeptanz auswirken?

Das Scheitern eines Software-Projektes hat nicht nur unmittelbare wirtschaftliche Folgen: Der Return on Invest in einfach denkbar schlecht, wenn Geld in die Hand genommen und Zeit in die Einführung investiert wurde, ohne den erhofften Nutzen zu erzielen. Ganz zu schweigen vom direkten oder indirekten Verlust, der durch die oben beschriebene mangelhafte Datenqualität entstehen kann.

Zu diesen monetären Auswirkungen mangelnder Akzeptanz gesellen sich:

  • Missstimmung in der Agentur, die durch den unterschiedliche Anwendung oder Nutzungstiefe entsteht.
  • Ärger mit dem Anbieter, wenn ungenügende Nutzungstiefe dem Programm angelastet wird. Hier können sogar weitere Kosten entstehen, wenn scheinbar fehlende Funktionen Individualprogrammierung nach sich zieht.
  • Rückkehr zu den alten Instrumenten: Um die Aufgaben umsetzen zu können, werden die alten Excel-Tabellen, Word-Vorlagen und andere Tools wieder ausgegraben.

Welche Gründe hat fehlende Akzeptanz?

Die Ablehnung die gegenüber Unternehmenssoftware entwickelt wird, kann sehr viele Ursachen haben.

Die augenscheinlichste ist das fehlende Einbeziehen der Mitarbeiter/innen in den Auswahl- und den Einführungsprozess. Dabei geht es zum einen um das Gefühl, übergangen zu werden, aber auch darum, möglicherweise Funktionen, Vorlagen, Inhalte zu vermissen, die für die eigene Arbeit notwendig sind. Werden Textbausteine, Angebotsvorlagen, Adressen etc. nicht gefunden, erscheint die Software „nicht praxisnah“ oder „unbrauchbar“. Dies besonders, wenn die neue Software eine andere – vielleicht sogar einst speziell für die Agentur entwickelte – ablöst, mit der zumindest das, was für den eigenen Arbeitsbereich benötigt wird, ganz wunderbar funktionierte. Kommt hierzu die Haltung, dass sich bisherige Verfahrensweisen in der Praxis „auch ohne diese neue Software“ bewährt haben, fällt die neue Software wegen mangelnder Nutzbarkeit für den oder die einzelne durch.

Gleiches gilt wenn die Anwender auf „Datenmüll“ treffen, der aufgrund unsauberer Datenmigration oder – mit zunehmendem Einsatz der Software – Datenpflege entsteht.

Sehr häufig wird die Software abgelehnt, wenn die Mitarbeiter/innen mehr Bürokratie oder die Einschränkung bestehender Freiheiten befürchten, mehr Standardisierung und Eingriffe in Arbeitsabläufe. Und sehr häufig geht die Sorge um, durch die Software werde (mehr) Kontrolle ausgeübt, vor allem wenn es um das Thema Zeiterfassung geht.

Selbstverständlich löst auch der Umstellungsprozess an sich Bedenken aus: Ist der Arbeitsalltag in Agenturen sowieso schon geprägt von Hektik, Termindruck und hohen Herausforderungen, ist jede Veränderung oder zusätzliche Anforderung – selbst mit Aussicht einer irgendwann eintretenden Erleichterung – zunächst eine Mehrarbeit, auf die gerne verzichtet werden kann.

Und schließlich bestehen Befürchtungen, den Kundenanforderungen nicht gerecht werden zu können und sei es durch Auswertungen und Berichte, die der Kunde will und die von der Software nicht geliefert werden.

Was führt zu mehr Anwenderakzeptanz?

Wie nun kann mehr Anwenderakzeptanz erreicht werden?

Die Antwort lautet: Es genügt nicht, die Mitarbeiter/innen von dem Vorhaben in Kenntnis zu setzen, sie müssen in den Prozess der Auswahl und Einführung der Agentursoftware einbezogen werden. Hinter dieser vermeintlichen Plattitüde steckt jedoch mehr, als die bloße Abfrage gewünschter Funktionen – und schon dies wird häufig nicht getan mit dem Hinweis „Ich kenne mich aus und weiß schon, was gebraucht wird.“

Wichtig ist, die Mitarbeiter frühzeitig einzubeziehen, vom Vorhaben zu unterrichten, die Phasen darzustellen und regelmäßig den aktuellen Status zu referieren und also deutlich zu machen: „Das Projekt ist wichtig und wird Ernst genommen. Es tut sich was!“

Um den individuellen Nutzen für die einzelnen Anwender herausarbeiten zu können, müssen deren Anforderungen ermittelt, ihre Arbeitsabläufe analysiert und die Frage beantwortet werden, an welchen Stellen im Arbeitsalltag die Software entlasten soll.

Zu einer guten Einführung gehört ein vernünftiges Timing, so dass das Projekt keinen zusätzlichen Druck erzeugt und gute und ausreichende Anwender- und Keyuser- Schulungen. Bereits zu den Einführungen, spätestens jedoch zum Starttermin steht ein System, das alle notwendigen Daten, Vorlagen, Grundeinrichtungen enthält, so dass sofort mit Echtdaten praktisch gearbeitet werden kann. Um dies zu erreichen ist gründliche Vorarbeit nötig, an der die Mitarbeiter/innen – der Agenturgröße und dem Projektumfang angemessen – beteiligt werden.

Der wesentlichste Punkt in diesem Kontext ist jedoch, den Mitarbeitern den Nutzen, die Notwendigkeit eines solchen Systems für die gesamte Agentur deutlich zu machen. Es muss ein Verständnis dafür gebildet werden, welche Möglichkeiten das System der Agentur in Zukunft bietet und wie bedeutsam diese für die Agentur sind. Diese Vorteile müssen herausgearbeitet und kommuniziert werden.

Fazit

Die Schaffung von Akzeptanz ist nicht die Addition von Einzelmaßnahmen sondern ein Gesamtkonzept. Es beschreibt im günstigsten Fall einen Zustand, in dem die Software in alle Unternehmensprozesse aktiv einbezogen, mitgedacht und als Instrument der Unternehmensführung von allen weiterentwickelt wird.

Die Autorin
Heike MewsHeike Mews ist Agenturberaterin und begleitet seit 2002 Agenturen und andere projektbezogen arbeitende Dienstleistungsunternehmen in organisationalen Veränderungsprozessen. Die Auswahl und Einführung von Agentursoftware gehört zu ihren Kernkompetenzen.

Mehr Infos unter http://www.hm43.de.

Foto: John Nyberg / freeimages.com

7 Kommentare

  1. Avatar-Foto

    Ein schöner Artikel, der alle Aspekte beleuchtet!
    Wichtig ist meiner Erfahrung nach, dass auch nach dem Starttermin noch erfahrene (externe) Ansprechpartner bereitstehen, die bei der Nachjustierung und Weiterentwicklung des Systems helfen.

    • Heike Lorenz

      Absolut!
      Manche Sachen merkt man ja auch erst im täglichen Gebrauch, wenn man dann keine Experten fragen kann macht die Arbeit mit dem neuen Tool schnell keinen Spaß mehr …

  2. Avatar-Foto

    Super Beitrag! Ich habe es insgesamt schon aus verschiedenen Perspektiven miterlebt. Als Azubi, Angestellter und Geschäftsführer. Fakt ist, dass es für jedes Unternehmen eine passende Lösung gibt. Die Lösung ist aber nie gleich! Wir hatten mal eine interne Lösung, welche nicht genutzt wurde. Warum? Weil sie nicht ins Unternehmen und die Arbeitsabläufe passte! Aktuell haben wir in unserer kleinen Agentur http://www.agenturbo.de . Passt für uns, wenn auch schon arg umfangreich. Wichtig ist, dass es genutzt wird. Bei der Anzahl an Anbietern gilt es sich einen Überblick zu schaffen. Besonders aber festzulegen, was Mitarbeiter brauchen und auch tatsächlich nutzen.

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