Existenzgründung, Management & Controlling
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Ãœbernahme versus Gründen – Unternehmensnachfolge ist das neue Gründen!

Unternehmensnachfolge
Gastbeitrag von Nils Koerber

Die Entrepreneure von morgen haben es leichter: Um sich den Traum von der eigenen Firma zu erfüllen, müssen sie nicht selbst ein Unternehmen gründen. Sie profitieren in der Regel von gut eingespielten Prozessen und Jahr für Jahr von einer steigenden Anzahl übernahmefähiger Unternehmen.

Denn der demografische Wandel leistet auch in diesem Wirtschaftssektor sein Übriges: Laut aktuellem DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge suchen deutschlandweit schon 150.000 Firmenchefs bis 2022 einen Nachfolger. Und die Sorgen der Familienunternehmer nehmen deutlich zu. Denn gleichzeitig wollen immer weniger Menschen Unternehmer sein. Für zukünftige Übernehmer ergibt sich daraus eine zunehmend bessere Verhandlungsposition, möchte man meinen. Eigentlich. Wenn man denn auch bereit wäre über den Eigenen Tellerrand zu schauen…

So nicht!

Der 64-jährige Inhaber eines Maschinenbau-Unternehmens staunte nicht schlecht: Am anderen Ende des Konferenztisches saß ein junger Mann, der es schaffte ihm innerhalb kürzester Zeit zu vermitteln, dass er im Falle der Übernahme seiner Firma, nur die „Hülle des Unternehmens“ weiterbetreiben wolle. „Der Rest,“ so zitierte sein Gegenüber, „wäre mittelfristig eh nicht rentabel zu betreiben, weswegen die überalterten Strukturen und Prozesse schleunigst überarbeitet, wenn nicht gleich abgeschafft werden müssten. Der daraus resultierende steigende Anteil an zu tätigenden Neu-Investitionen, um vorab gleich mal alle Illusionen zu beenden, müsste demzufolge den geforderten Verkaufspreis um ein Vielfaches reduzieren, wenn man sich denn auch ein nächstes Mal treffen wolle.“

Moment mal, schoss es dem Inhaber durch den Kopf, wie kann diese Person mir gegenüber so von meinem Lebenswerk sprechen?

Es bedarf wenig Fantasie sich vorzustellen, dass diese Verhandlungen schon nach kurzer Zeit erfolglos abgebrochen wurden.

Derlei Situationen beschreiben leider auch keinen Einzelfall. Obwohl die Ausgangslage auf dem Papier für beide Seiten eine große Schnittmenge gleicher Interessen bereithält, finden über die Hälfte aller erfolgreich angebahnter Verhandlungen bereits nach der ersten Gesprächsrunde ihr Ende.

Und es gibt einen weiteren Grund: In einer Vielzahl von Fällen ist nicht der potentielle Käufer die Bremse. 80% der Gespräche scheitern, durch das Nicht-Loslassen-Können des Seniors, wie eine Studie der deutschen Unternehmerbörse zeigt. – Was läuft da schief?

Empathie – ein (zu) häufig unterschätzter Erfolgsfaktor

„Viele Gespräche scheitern, weil es an gegenseitiger Empathie mangelt,“ weiß der frühere Familienunternehmer und jetzige Nachfolgespezialist Nils Koerber. „Es fehlt einfach an gegenseitigem Verständnis und an Wertschätzung, an der Fähigkeit einen Perspektivwechsel einzunehmen und auch die andere Seite zu verstehen.“

Koerber empfiehlt daher: „Gerade in der ersten Verhandlungsrunde liegt der Schwerpunkt im Kennenlernen, das bedeutet, einen Eindruck voneinander zu gewinnen, mit wem hat es hier zu tun, was sind Motive für Übergabe und Übernahme und wie können beide Positionen im weiteren Verlauf der Verhandlungen berücksichtigt werden?“

Try walking in my shoes!

Es hilft sehr, sich auch einmal in die Rolle des Übergebers hineinzuversetzen. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Nachfolge ist die Bereitschaft des Übergebenden, sich von seinem Lebenswerk zu emanzipieren, zu trennen und geordnet zu übergeben.

Aber was bedeutet das? An den freiwilligen Rückzug aus dem eigenen Unternehmen zu denken, fällt Firmeninhabern nicht leicht. Es kostet Überwindung, sich von seinem Lebenswerk zu lösen und seinen Platz einem anderen zu überlassen. Und obwohl sich aus Sicht des Inhabers der zukünftige Übernehmer in ein „gemachtes Bett“ legen kann, hat dieser zunächst nichts Besseres zu tun, als erst mal alles in Abrede zu stellen.

Dass es umgekehrt genauso ratsam ist, sich auch die Situation des zukünftigen Übernehmers zu vergegenwärtigen, sei an dieser Stelle ebenfalls erwähnt.

Bereit sein ein neues Feuer zu entfachen

Gerade Familienunternehmer haben zu ihrem »Baby«, ihrer Firma, eine ganz besondere Beziehung. Das Unternehmersein hat eine Identität und ein wärmendes Feuer geschaffen – unabhängig davon, ob es von Erfolgen oder auch von Misserfolgen gekrönt war.

Wer sein Unternehmen an einen Nachfolger übergibt, sei es innerfamiliär oder durch einen Firmenverkauf, wagt den mutigen Schritt ins Dunkel. Doch ein neuer Funke, der entfacht werden will, wartet schon auf ihn – davon ist Nils Koerber überzeugt. Schließlich hat er das alles schon selbst erlebt.

Außerdem ist er überzeugt, dass eine erfolgreiche Lösung der Nachfolgeprobleme den Wohlstand für die weitere Entwicklung unserer Volkswirtschaft sichert – oder eben nicht.

Der Autor

Nils Koerber

Foto: Eiko Braatz

Nils Koerber, Jahrgang 1964, ist Unternehmer, Betriebswirt, Wirtschaftsmediator und systemischer Coach für Unternehmensnachfolge.

Mehr als 15 Jahre führte er sein eigenes Familienunternehmen, bevor er 2004 »KERN – Unternehmensnachfolge. Erfolgreicher.« in Bremen gründete. Sein inzwischen mehrfach ausgezeichnetes und spezialisiertes Beratungsunternehmen entwickelte er erfolgreich als Marke für Familienunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiter.

Das Buch zum Thema

Titel: Unternehmensnachfolge: Die Kunst des Loslassens*

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Inhalt: Wie der Perspektivwechsel erfolgreich gelingen kann und welche Facetten bei der Übergabe eines unternehmerischen Lebenswerkes berührt werden, beschreibt Nils Koerber in seinem Buch „Unternehmensnachfolge – Die Kunst des Loslassens“– fundiert, inspirierend und gewürzt mit einer Prise Humor. Er präsentiert seinen Lesern eine Vielzahl von Nachfolgeprojekten aus seiner eigenen langjährigen Beratertätigkeit, gepaart mit seinen persönlichen Erfahrungen.

Fachbücher, die die rechtlichen oder wirtschaftlichen Aspekte einer Unternehmensübergabe beleuchten, gibt es bereits zuhauf. Nils Koerber geht mit seinem Buch „Unternehmensnachfolge“ tiefer.

Gebundene Ausgabe: 236 Seiten
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
ISBN: 978-3525403983
Preis: 29,00 EUR

Unternehmensnachfolge

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Foto: Vandenhoeck & Ruprecht

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