Management & Controlling
Schreibe einen Kommentar

Zielkostenrechnung (Target Costing) – so geht’s!

Zielkostenrechnung

Bei der „normalen“ Kostenrechnung wird ausgehend von den Produktkosten der Preis ermittelt. Die Zielkostenrechnung geht genau andersrum an die Sache heran!

Bei dieser Methode geht es also eher um Kostenmanagement als um Kostenrechnung.

Die Theorie dahinter

Ausgehend vom am Markt erzielbaren Preis werden rückwärts die maximal zulässigen Kosten (Zielkosten) ermittelt. Wichtig hierfür ist u.a. in welchem Umfang die einzelnen Komponenten zum Kundennutzen beitragen, d.h. welche Eigenschaften eines Produkts / einer Dienstleistung sind wichtig bzw. für welche ist der Kunde bereit (mehr) zu zahlen?

So wird bereits in der Entwicklungsphase eines Produkts versucht die Kosten zu beeinflussen. Dabei betrachtet die Zielkostenrechnung das Ganze nicht in Periodenabschnitten (Jahren, Monaten), sondern nimmt den ganzen Produktlebenszyklus ins Visier.

Die grundlegenden Schritte des Target Costing sind:

  • Ableiten der Gesamtzielkosten aus Zielpreis und Gewinn
  • Spaltung der Gesamtzielkosten in die anteiligen Zielkosten der einzelnen Komponenten
  • Arbeiten an der Erreichung der Zielkosten (anteilig und insgesamt)
  • Fortlaufende Ãœberwachung der Zielkostenerreichung (mitlaufende Kalkulation & Soll-Ist-Vergleiche) und ggf. Nachsteuerung

Ermittlung der Gesamtzielkosten

Egal ob durch aufwendige Marktforschung oder einfach Kundenbefragung: zunächst muss der am Markt durchsetzbare Preis ermittelt werden. Von diesem dann die gewünschte Marge (den Gewinn) abziehen und schon hat man die Gesamtzielkosten.

Wenn man Glück hat, dann liegen die aktuellen Produktionskosten unter den Gesamtzielkosten, ansonsten muss man sich auf die Suche nach den Sparpotentialen begeben :-)

Ein Beispiel:

Ihr wollt einen Hartschalenkoffer mit Rollen auf den Markt bringen. Die Marktforschung hat ermittelt, dass der erzielbare Preis ca. 45 EUR netto beträgt, und ihr wollt gerne 10% daran verdienen.

  • 45 EUR – 4,50 EUR = 40,50 EUR = Zielkosten

Aus euren Kostenrechnungstabellen geht jedoch leider hervor, dass die bisherigen Herstellkosten 44 EUR betragen, d.h. ihr müsst 3,50 EUR einsparen.

Ermittlung des Kostenreduktionsbedarfs:

Zielpreis (Target Price)  45,00 EUR
Zielgewinn (Target Margin) – 4,50 EUR
= Zulässige Kosten (Allowable Costs) 40,50 EUR
Ermittelte Kosten (Drifting Costs) – 44,00 EUR
=  Kostenreduktionsbedarf  – 3,50 EUR

Die Frage ist natürlich wo?

Ermittlung der anteiligen Zielkosten

Hier kommt wieder die Frage nach dem Anteil der einzelnen Komponenten am Kundennutzen ins Spiel. Ziel ist es, das jede Komponente anteilig so viel kostet, wie sie zum Kundennutzen beiträgt.

Dafür muss die relative Bedeutung der einzelnen Produktfunktionen ermittelt werden. Auch hierfür werden Daten aus Marktforschung und Kundenbefragungen benötigt.

Weiter im Beispiel:

Wir gehen jetzt mal davon aus, dass den Kunden folgende Merkmale eures Koffers besonders wichtig sind:

Funktionen  Bedeutung in %
F 1 Haltbarkeit 40%
F 2 (niedriges) Gewicht 30%
F 3 (geringe) Rollgeräusche 15%
F 4 Design 15%
100%

Der Koffer besteht aus folgenden Einzelteilen, die auf die jeweiligen Funktionen anteiligen Einfluss haben:

Beitrag zur Funktionserfüllung in %
Komponente  F 1 F 2 F 3 F 4
K 1 Material 60% 50% 5% 50%
K 2 Gestänge 15% 30% 5% 10%
K 3 Rollen 20% 15% 90% 20%
K 4 Verschluss 5% 5% 0% 20%
100% 100% 100% 100%
(Erklärung: das Material trägt zu 60% zur Haltbarkeit bei usw.)

Die Frage ist nun, welchen Anteil hat die jeweilige Komponente am Kundennutzen? Dafür wird zunächst das sogenannte Funktionsteilgewicht errechnet. Dieses ist der mit der Bedeutung der Funktion gewichtete Beitrag der einzelnen Komponenten zu der jeweiligen Funktion.

Formel: Funktionsteilgewicht = Funktionsbedeutung * Beitrag zur Funktionserfüllung

Funktionsteilgewicht in %
F 1 F 2 F 3 F 4 Summe
Funktionsbedeutung 40% 30% 15% 15% 100%
Komponente 
K 1 Material 24% 15% 1% 8% 47%
K 2 Gestänge 6% 9% 1% 2% 17%
K 3 Rollen 8% 5% 14% 3% 29%
K 4 Verschluss 2% 2% 0% 3% 7%
100%
(Erklärung: das Material trägt zu 60% zur Haltbarkeit bei und diese wiederum zu 40% des Kundennutzens, d.h. 60% x 40% = 24%. Insgesamt trägt also das Material zu 47% des Kundennutzens bei – knapp der Hälfte der Kaufentscheidung!)

Zielkostenerreichung

Jetzt wissen wir also, welchen Anteil an den Kosten die jeweilige Komponente haben dürfte, damit Nutzen und Kosten in einem gesunden Verhältnis stehen. Um das genau zu messen nutzt man den Zielkostenindex.

Formel: Zielkostenindex = Funktionsteilgewicht / Kostenanteil

Vorher ermitteln wir aber erstmal die aktuellen Kostenanteile der einzelnen Komponenten, denn die wollen wir ja senken bzw. mit dem Nutzen der Einzelteile in Einklang bringen:

Komponente  Kostenanteil an den aktuellen Kosten
in % in EUR
K 1 Material 40% 17,60 EUR
K 2 Gestänge 25% 11,00 EUR
K 3 Rollen 25% 11,00 EUR
K 4 Verschluss 10% 4,40 EUR
100% 44,00 EUR

Nun bringen wir alle Informationen zusammen, um zu gucken, wo genau der Kosteneinsparungsbedarf ist bzw. wo er am größten ist.

Komponente  Funktionsteilgewicht Kostenanteile Zielkostenindex
(1) (2) (3) = (1)/(2)
K 1 Material 47% 40% 1,18125
K 2 Gestänge 17% 25% 0,69
K 3 Rollen 29% 25% 1,16
K 4 Verschluss 7% 10% 0,65
100% 100%

Und was sagt uns das jetzt?

  • Zielkostenindex < 1: Zu hohe Komponentenkosten im Vergleich zum Kundennutzen, d.h. Kostenreduzierungsbedarf
  • Zielkostenindex = 1: Idealer Wert: Bedeutung der Komponente und Kostenverursachung stimmen überein
  • Zielkostenindex > 1: Im Vergleich zur Kundengewichtung verursacht die Komponente (zu) geringe Kosten.

Für unser Beispiel hieße das: Gestänge und Verschluss sind deutlich zu teuer im Vergleich zum Kundenutzen, den sie stiften! Es müssen bei beiden Komponenten mehr als 30% eingespart werden, um ein gesundes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erhalten.

Und nun?

Der Gedanke hinter der Zielkostenrechnung ist, dass ein gesundes Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht in einem Schritt, sondern nur in einem fortlaufenden Prozess erreicht werden kann.

Heißt: Zielpreis und Kostenanteile stetig überwachen und versuchen sich dem Ideal-Zielkostenindex von 1 Schritt für Schritt anzunähern!

Buchtipp Kostenmanagement

Und wer noch mehr dazu wissen möchte, der kann sich z.B. dieses Buch kaufen:

Titel: Cut! Rezepte für ein wirkungsvolles Kostenmanagement: So behalten Sie Ihre Kosten im Griff*

Inhalt: Ob Abteilungsleiter oder Controller in einem Unternehmen, ob Manager in einer Nonprofit-Organisation oder Gründer eines Start-ups – der Blick auf die Kosten, die Kenntnis der wichtigsten Kostentreiber und der Einsatz der zentralen Instrumente zur Kostensenkung gehören zum notwendigen Handwerkszeug eines Entscheiders. Dieses Buch liefert Ihnen grundlegendes Wissen für ein erfolgreiches Kostenmanagement.

In den ersten Kapiteln von „Cut!“ lernen Sie die Methoden kennen, mit denen Sie die einzelnen Kostenarten hinsichtlich ihrer Höhe beeinflussen können. Mit dem Zielkosten- (Target Costing) und Prozesskostenmanagement werden danach zwei wirkungsvolle Konzepte eingeführt, mit denen sich Kosten und Leistungen systematisch und strategisch beeinflussen lassen. Abschließend werden Ihnen Methoden vorgestellt, mit denen Sie den wirtschaftlichen Erfolg Ihrer Maßnahmen zur Kosten- und Leistungsbeeinflussung messen und beurteilen können.

Autor: Stefan Georg
Taschenbuch: 182 Seiten
Verlag: Vahlen
ISBN: 978-3800651146
Preis: 24,90 EUR

Mehr Infos zum Thema

Noch mehr Wissen zum Thema Rechnungswesen gibt es hier:

Rechnungswesen

Wer sich für den gesamten Grundkurs Kosten- und Leistungsrechnung interessiert, klickt hier:

Grundkurs Kosten- und Leistungsrechnung

Die Grundbegriffe des Rechnungswesens gibt es für nur 2,99 EUR als eBook zu kaufen:

Zu den eBooks!

Zielkostenrechnung

Pin it!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wenn Du wissen möchtest, welche Daten wir beim Hinterlassen eines Kommentars speichern, schau bitte in unsere Datenschutzerklärung.