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Das neue Normal in der Zusammenarbeit: Zukunft WIR im Unternehmen

Zusammenarbeit, Together sign photo
Gastbeitrag von Ulrike Stahl

Welche Aufgaben bestimmen den Erfolg eines Unternehmens? Sind es standardisierte Aufgaben? Oder ist es die Fähigkeit, auf dynamische Anforderungen reagieren zu können? Tatsächlich ist das heute oftmals der entscheidende Wettbewerbsvorteil.

Viele Unternehmen träumen davon, da weiterzumachen, wo sie vor einigen Monaten aufgehört haben – ja regelrecht gestoppt worden sind. Sie hoffen darauf, dass endlich wieder Normalität einkehrt. Aber was bedeutet inzwischen „normal“? Ist es das alte, gewohnte Vorgehen, das uns vermeintlich in Sicherheit wiegt? Oder müssen wir uns auf ein „new normal“ einlassen, welches jeden Tag etwas anderes bedeuten und bringen kann?

Eines ist sicher: Ausrichten wird sich – heute und in Zukunft noch viel mehr – alles an den Bedürfnissen des Marktes. Dementsprechend müssen wir unsere Talente, die wir in der Krise entdeckt haben, auch weiterhin nutzen. Schwachstellen, die aufgedeckt wurden, vermeiden. Und uns immer wieder neu ausrichten – im Wissen, dass wir für diesen Weg mehr Innovationskraft denn je brauchen.

Wenn nichts mehr nach Plan verläuft …

Die Einschnitte in den letzten Monaten haben uns einmal mehr bewusst gemacht, dass das Leben nicht nach Plan verläuft. Wir mussten lernen, flexibel zu sein und auf das zu reagieren, was gerade war und galt.

Natürlich sind Ziele wichtig und ohne Regeln ist ein Miteinander schwierig. Zu sehr sollten wir aber nicht an fixen Vereinbarungen hängen. Und Standard-Prozesse bringen uns auch nur bedingt ans Ziel – das hat uns ein kleines Virus und dessen Auswirkungen auf unsere ganze globale Welt gezeigt.

Plötzlich war alles anders. Von einem Tag auf den anderen. Für Unternehmen und Mitarbeiter. Und was haben diese gemacht?

  • Manche Organisationen haben sich angepasst, Regeln und Prozesse außer Acht gelassen, die hinderlich waren.
  • Manche Mitarbeiter haben das Machtvakuum genutzt, um selbst nach Lösungen zu suchen.
  • Manche Unternehmer sind immer noch gelähmt und warten, dass endlich jemand Entscheidungen trifft oder Handlungen ergreift.

Jetzt ist die Gelegenheit, Strukturen an das neue Normal anzupassen und Organisationen nach „regelwidrigen“ Initiativen zu durchforsten. Nicht, um sie zu unterdrücken, sondern um sie zukünftig noch aktiver für Innovationen zu nutzen. Unternehmen sollten sich also folgende Fragen stellen:

  • Welche außergewöhnlichen Vorgehensweisen waren in den letzten Monaten erfolgreich?
  • Was können wir tun, um davon auch zukünftig zu profitieren?
  • Welche Prozesse und Regeln müssen dafür abgeschafft werden?
  • Was muss in welchen Situationen ausdrücklich erlaubt sein?

Verschiedene Aufgaben – unterschiedliche Herausforderungen

Entscheidend für das Maß an Freiheit, die Mitarbeiter benötigen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, ist eine weitere Frage: Welche Aufgaben haben wir eigentlich zu bewältigen?

In der modernen Organisationsentwicklung gibt es Aufgaben, die als formale, tote oder blaue Aufgaben bezeichnet werden. Einfach oder kompliziert, können diese Aufgaben mit eigenem Wissen, das man aufbaut, oder Expertise, die man dazu holt, gelöst werden.

Ein Beispiel ist die Abrechnung von Löhnen, auch unter der Berücksichtigung von Kurzarbeitergeld. Dafür gibt es Regeln und es ist klar, was richtig und falsch ist. Die Aufgaben können in Schritte zerlegt werden. Gute Zusammenarbeit bedeutet, dass jeder seine Arbeit zuverlässig nach Plan erledigt.

Auch wenn es scheint, dass das Wichtigste ist, dass man sich an Prozesse hält, sollten Mitarbeiter nicht darauf reduziert werden. Schließlich haben wir alle gerade erlebt, wie schnell wir mit einer neuen Situation konfrontiert sein können, in der wir auf die Kreativität und Kollaboration Aller angewiesen sind. Wenn Mitarbeiter wissen, dass dies gefragt ist, sind sie eher motiviert, beides auch in Zeiten erhöhten Innovationsbedarfs zu nutzen.

Sogenannte rote, dynamische oder lebendige Aufgaben können nicht mit explizitem Wissen oder vorhandenen Prozessen gelöst werden. Sie sind neu und überraschend, wie besondere Kundenwünsche, die Innovation eines Mitbewerbers oder der Umgang mit der Corona-Krise. Hier gibt es nicht die eine richtige Lösung. Hier kommt es auf Intuition an.

Wenn ein Mitarbeiter rote Aufgaben bravourös erledigt, zum Beispiel der Concierge in einem Hotel beim Umgang mit schwierigen Kunden und wir ihn fragen, wie er das macht, wird er antworten: „es kommt ganz darauf an“. Da hilft keine Checkliste. Hier braucht es Ideen.

Hinzu kommt, dass es sich heute bei diesen Aufgaben meist um vielfältig vernetzte Themen handelt. Lösungen entstehen nur durch Kokreation. Zusammenarbeit, das WIR, wird zum Schlüsselfaktor für Erfolg.

Ein Beispiel: Käufer von Fertighäusern äußern immer öfter ausgefallene Sonderwünsche. Wie gehen Vertriebsmitarbeiter damit um? Entweder sie reden dem Kunden den Sonderwunsch aus, weil er im Produktkatalog nicht vorgesehen ist und das Unternehmen verliert damit Kunden an flexiblere Mitbewerber. Oder sie versuchen den Wunsch zu erfüllen.

In einer klassischen Organisation ist eine solche Abweichung nur mit viel Aufwand oder einem Regelbruch zu erreichen. Eigentlich müsste jetzt der Vorgesetzte eingeschaltet werden, der den Abteilungsleiter der Entwicklung überzeugt, dass die Erfüllung des Sonderwunsches lohnenswert ist.

Der Entwicklungschef sagt: „Für euch vielleicht, weil ihr einen Bonus bekommt, aber für uns ist das zusätzliche Arbeit, für die wir keine Kapazität haben“. Zur Lösung müsste der Geschäftsführer hinzugezogen werden.

Bis geklärt ist, ob der Sonderwunsch zu erfüllen ist, vergeht viel Zeit und es werden wertvolle Managementressourcen verschwendet. Vielleicht hat der Vertriebler ein gutes internes Netzwerk und lässt den Dienstweg außer Acht. Er spricht direkt mit einem Entwicklungsmitarbeiter und einem Spezialisten aus der Produktion über die technische Machbarkeit. Spätestens die Umsetzung der Idee droht dann aber doch am Regeldschungel oder Abteilungsgerangel zu ersticken …

Schnelligkeit und Vertrauen

Das Problem, das sich zeigt, ist leicht erklärt: In vorhandenen Strukturen kann eine Aufgabe oft nicht schnell genug bewältigt werden. Hier ist Eigeninitiative, wie die des Vertriebsmitarbeiters in oben genanntem Beispiel, gefragt. Indem er hinderliche Prozesse außer Acht lässt und auf interdisziplinäre Zusammenarbeit setzt, lassen sich Kundenprobleme gemeinsam kreativ lösen.

Die größte Herausforderung für Führungskräfte ist die Einsicht, nicht selbst der Könner für eine bestimmte Aufgabe zu sein.

Das erfordert neben Demut vor allem Vertrauen. Dieses zu schenken – und das haben wir im Homeoffice bereits ausgiebig üben können – gehört zum neuen Normal. Es sorgt für ein motiviertes WIR und macht Unternehmen fit für den Umgang mit wechselnden Aufgaben – und damit für die Zukunft.

Die Autorin

Ulrike Stahl

Foto: Kersti Niglas

Ulrike Stahl ist eine gefragte Rednerin – auf der Bühne und online – Autorin und Expertin für Zusammenarbeit und das neue WIR im Business. Sie moderiert live oder remote Zukunfts-Cafés sowie Meetings mit Liberating Structures.

Wie geht konkurrenzlos erfolgreiche Zusammenarbeit? Wie entwickeln wir eine WIR-Kultur für uns selbst, in unseren Unternehmen und Verbänden? Darauf gibt sie Antworten, die wirken.

Sie ist Autorin des Buches „So geht WIRTSCHAFT! Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.“ – laut Handelsblatt eines der besten Wirtschaftsbücher.

Mehr Infos unter: www.ulrike-stahl.com

So geht WIRtschaft! – das Buch von Ulrike Stahl

Titel: So geht WIRTSCHAFT: Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.*

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Inhalt: Nach wie vor herrscht in vielen Unternehmensbereichen das klassische Silodenken: Guerillakämpfe zwischen den Abteilungen, Boykott zwischen CEO und Abteilungsleitern, schnelle Gewinnmitnahmen statt nachhaltiger Win-Win-Lösungen. Doch das bringt uns in der heutigen Wissensgesellschaft nicht weiter. Es ist an der Zeit, umzudenken.

Kooperation eröffnet neue geschäftliche Spielräume: Komplexe Aufgaben werden in kürzester Zeit kollaborativ über Abteilungs-, Länder- und Unternehmensgrenzen hinweg gelöst, kokreativ entstehen zukunftsweisende Innovationen. So geht WIRTSCHAFT heute!

Aber wie bereit und fit sind wir für den notwendigen Wandel? Wie fördert der W.I.R.-Mindset Kooperation? Und wie sind wir auch weiterhin erfolgreich?

Ulrike Stahl ist dem kooperativen Denken und Handeln auf der Spur und illustriert gekonnt, was den Unterschied macht.

Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
Verlag: metropolitan
ISBN-13: 978-3961860012
Preis: 29,95 EUR

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