Loidde – neulich bekam ich Post vom Finanzamt mit dem freundlichen Betreff: „Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht“!
Hola, was ist da los? Was habe ich übersehen oder was hat sich geändert? Denn eigentlich dachte ich, so kleine Einzelunternehmer wie ich, die machen Einnahmen-Überschuss-Rechnung und gut ist.
Ja, stimmt auch, aber eben nicht immer! Was für ein Schreck!
Inhalt
- Buchführungspflicht oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung?
- Was war passiert?
- Schritt 1 zur Vermeidung der Buchführungspflicht: Anruf beim Finanzamt
- Schritt 2 zur Vermeidung der Buchführungspflicht: Trennung der Gewerbetriebe
- Schritt 3 zur Vermeidung der Buchführungspflicht: verbindliche Auskunft
- Mein Fazit
Buchführungspflicht oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung?
Der Einsatz der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist, mit Ausnahme der Freiberufler, an bestimmte Umsatz- bzw. Gewinngrenzen geknüpft. Darüber habe ich selbst vor einiger Zeit einen Beitrag verfasst, es aber völlig aus den Augen verloren im Tagesgeschäft. Mannmannmann…
Im Einzelnen gilt:
- Handelsregister-Eintragung: Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung können Unternehmen anwenden, die nicht im Handelsregister eingetragen sind. Dazu zählen Einzelunternehmer, eingetragene Kaufleute (e.K.) oder die GbR. Die GmbH, eine UG oder gar eine AG können die EÜR nicht verwenden.
- Umsatz- / Gewinn-Grenze: Unternehmen deren Umsatz 600.000 EUR bzw. deren Gewinn 60.000 EUR im Jahr nicht überschreitet, können die EÜR anwenden.
- Freie Berufe: Generell können Freiberufler die Einnahmen-Überschuss-Rechnung anwenden.
Wenn eine dieser Bedingungen nicht erfüllt ist, unterliegt man der Buchführungspflicht und muss zwingend eine Bilanz erstellen (doppelte bzw. kaufmännische Buchführung).
Was war passiert?
Tja, 2019 lief einfach richtig gut für mich und ich habe tatsächlich die Gewinngrenze für Gewerbebetriebe überschritten, zwar nicht viel, aber drüber ist drüber.
So ein Mist, da hat man endlich mal ein richtiges Bombenjahr mit tollen großen Kundenprojekten und schon wird der ganze schöne Gewinn davon aufgefressen, dass man ab sofort dann wohl einen Steuerberater braucht, denn eine Bilanz erstellen – das traue ich mir dann doch nicht so richtig zu.
Hinzu kommt, dass ich ja auch zusätzlich noch freiberuflich tätig bin.
Zwei Unternehmen mit unterschiedlichen Gewinnermittlungsmethoden? Wow, das kann ja heiter werden so im täglichen Betrieb. Einmal Umsatzsteuervoranmeldung nach dem IST-Prinzip und einmal nach dem SOLL-Prinzip. Und auch der Jahresabschluss mit zwei verschiedenen Methoden…
Wie soll das denn bitte gehen?
Mehr Infos zur Umsatzsteuer hier!Ich sah mich schon beim Steuerberater sitzen und ordentlich Geld für etwas zahlen, was ich jahrelang bestens selbst erledigen konnte. Einen echten Nutzen hat ein Steuerberater für mich nämlich nicht, ich buche sowieso alles selbst, weil ich sehr detaillierte Auswertungen meiner einzelnen Projekte haben möchte.
Also Mehrkosten und Mehrarbeit, bloß weil ich EINMAL die Gewinngrenze überschritten habe?
Was für ein Mist, so soll doch ein erfolgreiches Jahr nicht ausgehen, oder?
Schritt 1 zur Vermeidung der Buchführungspflicht: Anruf beim Finanzamt
Zum Glück habe ich in Köln ein sehr nettes Finanzamt. Die Mitarbeiter sind gut zu erreichen, sachkundig und hilfsbereit.
Ein kurzes Telefonat mit meinem Sachbearbeiter und die Schilderung, dass es sich (leider) um ein eher einmaliges Erfolgsjahr handelte, und schon war die Buchführungspflicht vom Tisch. OK, eine Mail musste ich noch schreiben, denn das Finanzamt braucht alles immer schriftlich.
Hintergrund: handelt es sich beim Überschreiten dieser Gewinngrenze um ein einmaliges Ereignis, liegt es im Ermessen des Sachbearbeiters von der Buchführungspflicht abzusehen.
Das ist auch vernünftig, denn wen man in § 141 Abs. 2 Satz 2 AO schaut, dann endet diese Buchführungspflicht nämlich auch ganz schnell wieder, wenn man nur einmal über diese Umsatzgrenze schnuppert: „Die Verpflichtung endet mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahrs, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht mehr vorliegen.“
Beispiel:
- Jahr 1: Ãœberschreitung der Gewinngrenze
- Jahr 2: Beginn der Buchführungspflicht, aber keine Überschreitung der Gewinngrenze mehr
- Jahr 3: Weiterhin Buchführungspflicht, weiterhin keine Überschreitung der Gewinngrenze
- Jahr 4: keine Buchführungspflicht mehr
Ich hätte also für nur zwei Jahre, in denen ich (wahrscheinlich) sowieso unter der Gewinngrenze gelegen hätte, der Buchführungspflicht unterlegen, nur um danach direkt wieder auf EÜR umzustellen. Das ist ja Quatsch und daher war das auch schnell vom Tisch.
Große Durchatmen erstmal :-)
Schritt 2 zur Vermeidung der Buchführungspflicht: Trennung der Gewerbetriebe
Ich habe dann mal ein wenig weiter im Netz gestöbert und mich schlau gemacht: diese Gewinngrenze gilt pro Gewerbetrieb.
Heißt also: wenn ich meine gewerblichen Tätigkeiten aufteile auf mehrere Gewerbebetriebe / Gewerbescheine, dann habe ich für jeden Betrieb die getrennte Gewinngrenze und kann so potenziell zweifach (oder noch mehr) Gewinn machen, ohne der Buchführungspflicht zu unterliegen.
Ist es wirklich so einfach? Nicht ganz!
Wieder einen Anruf bei meinem netten Sachbearbeiter später weiß ich es genau: die Trennung der Gewerbebetriebe funktioniert nur, wenn es sich auch wirklich um getrennte Tätigkeiten handelt.
Beispiele:
- Man betreibt sieben Gastronomie-Betriebe auf sieben Gewerbescheine – das funktioniert nicht, weil es ja jeweils dieselbe Tätigkeit ist.
- Betreibt man aber ein Restaurant und entwickelt als zweites Standbein Software, dann kann man diese beiden Gewerbetriebe trennen, denn das sind ja nur wirklich getrennte Tätigkeiten.
Klingt einfach, oder? Zumal ich einen bunten Strauß an Tätigkeiten auf meinem Gewerbeschein stehen habe. Da könnte ich diese Tätigkeiten doch einfach aufsplitten und dann ordentlich durchstarten, oder?
Sicher? Nun ja…
Wenn ich mir diese Mühe schon mache (denn ich muss ja dann für jeden Gewerbebetrieb einen einzelnen Abschluss erstellen), dann will ich doch sicher sein, dass da nicht nachher doch etwas vom Finanzamt zusammengerechnet wird, oder? Oder kommt dann nachher doch die böse Überraschung, weil das Finanzamt es anders sieht als ich? Und das erst hinterher erfahren ist ja keine gute Idee.
Kann man das nicht vorher erfahren?
Die gute Nachricht: ja, kann man!
Schritt 3 zur Vermeidung der Buchführungspflicht: verbindliche Auskunft
Man kann sich nämlich vom Finanzamt eine „verbindliche Auskunft“ erteilen lassen. Das geht natürlich nur schriftlich – klar, oder?
Inhalt des Auskunftsersuchens
Zum einen muss man in seinem Schreiben den Sachverhalt darstellen und zum anderen das steuerliche Interesse und das Rechtsproblem. Ein wenig einlesen sollte man sich auf jeden Fall, wenn man so eine verbindliche Auskunft erhalten möchte, denn das Finanzamt kann ja nur aufgrund der Tatsachen entscheiden, die man ihm in dem Schreiben mitteilt.
Hier steht genau beschrieben, was ein solches Schreiben enthalten muss: Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (Steuer-Auskunftsverordnung – StAuskV)
Außerdem muss man noch erklären, dass man zu diesem Sachverhalt bei keiner anderen der in § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Abgabenordnung genannten Finanzbehörden (Finanzämter oder Bundeszentralamt für Steuern) eine verbindliche Auskunft beantragt hat. Zusätzlich muss man versichern, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen.
Kosten des Auskunftsersuchens
Kommen wir zu den Kosten, denn diese verbindliche Auskunft bekommt man nicht umsonst. Auch hier ist § 89 der Abgabenordnung maßgeblich.
Dort steht sinngemäß, dass die Gebühr für eine Auskunft sich nach dem Gegenstandswert richtet. Der Gegenstandswert ergibt aus den steuerlichen Auswirkungen, die sich aus der Auskunft ergeben. Lässt sich der Gegenstandswert nicht ermitteln, dann berechnet sich die Gebühr nach der Zeit, die der Sachbearbeiter für die Bearbeitung benötigt.
Heißt also: der Antragsteller muss Angaben zum Gegenstandswert machen, denn daraus errechnet sich die Gebühr, die das Finanzamt verlangt.
An diesem Punkt bin ich bisher stecken geblieben, denn rein steuerlich hätte die Trennung der Gewerbetriebe ja keine Auswirkungen. Lediglich meine Kosten und mein zeitlicher Aufwand würden steigen, wobei die Kostensteigerung ja eher zu einer Senkung der steuerlichen Abgaben führen würde. Schwierig.
Außerdem ist mir eh Corona dazwischengekommen, so dass aktuell keine Überschreitung irgendwelcher Gewinngrenzen zu befürchten/erwarten steht – leider.
Mein Fazit
Ich habe dieses Projekt jetzt erstmal auf Seite gelegt, denn solange sich die allgemeine Lage nicht deutlich verbessert, habe ich dieses Problem nicht mehr.
Sollte sich daran etwas ändern, halte ich euch natürlich auf dem Laufenden :-)
Und wenn jemand von euch schon Erfahrungen mit den Themen „Trennung der Gewerbetrieben“ und „verbindliche Auskunft“ hat, würde ich mich sehr über eine Info freuen. Hinterlasst einfach einen Kommentar, OK?
Ich möchte betonen, dass ich kein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer bin und die dargestellten Informationen lediglich meine persönliche Einschätzung und Erfahrung widerspiegeln.
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