Marketing & Vertrieb
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Was Kundenorientierung heute bedeutet

Kundenorientierung
Gastbeitrag von Anne M. Schüller

Wer Kunden gewinnen will, muss das Kauferlebnis in den Mittelpunkt stellen. Doch viele Anbieter sind davon Meilen entfernt. Schade, denn eine Obsession für Kundenbelange ist heutzutage elementar. Und das bedeutet: Erst der Kunde, dann die interne Effizienz. Firmen, die das erkennen, fahren sehr schnell auf der Überholspur.

Viele Anbieter glauben zutiefst, kundenzentriert zu agieren. Doch fragt man deren Kunden, sieht das ganz anders aus. In einer kürzlichen Studie von Cap Gemini bezeichnen sich 75 Prozent der befragten Unternehmen als kundenorientiert, dem stimmen jedoch nur 30 Prozent der Kunden zu. Solche Selbstüberschätzung muss man zügig kurieren.

Denn allein der Kunde entscheidet über Wohl und Wehe am Markt. Doch die meisten Anbieter agieren binnenfokussiert und effizienzgetrieben, anstatt Kundenbelange an die erste Stelle zu rücken. Sie optimieren ihre Prozesse vor allem für sich selbst – und nicht für den Kunden. Der soll sich gefälligst in die intern festgelegten Abläufe fügen und die vorgedachten Formulare ausfüllen.

Aus dem Blickwinkel des Kunden betrachtet

Wer vom Kunden her denkt, wird gewinnen. Customer-Experience-Experten haben das längst verstanden. Sie gestalten Customer-Journeys, also die Kaufreisen der Kunden durch die Unternehmenslandschaft, aus dem Blickwinkel des Kunden betrachtet.

Im Gegensatz zu selbstgestrickten Servicelevels, die oft auch aus falsch interpretierten Kundenbedürfnissen entstehen, denkt man im Customer-Journey-Management so:

  • Wie wünscht sich der Kunde unsere Prozesse, damit alles für ihn so einfach und nützlich wie möglich ist? Und so:
  • Wie können wir sicherstellen, dass seine Erfahrungen mit uns an allen Kontaktpunkten positiv sind? Und so:
  • Wie können wir die Lebensqualität unserer Kunden verbessern respektive ihren geschäftlichen Erfolg vergrößern?

Es ist allein die Meinung des Kunden, die dabei zählt. Erst, wenn aus dessen Sicht alles reibungslos klappt, wird dies mit Wiederkommen und Weitersagen belohnt.

Und wie sieht die Wirklichkeit aus?

Dass die Konsumenten hierzulande schlechten Service nicht deutlicher boykottieren, macht mich manchmal ganz fassungslos. Denn ja, das Klagelied ist reichlich bekannt, doch es ändert sich nichts: unfreundliche Bedienungen, forsche Kundensupport-„Spezialisten”, unmotivierte Servicekräfte, ahnungslose Verkäufer und schlecht ausgebildete Rezeptionisten gibt es an allen Ecken und Enden.

Erst kürzlich hat das die Mitarbeiterin eines kleinen Landhotels wieder gezeigt. Das Problem: Ihr lag beim Check-in eine falsche Buchung vor. Statt lösungsorientiert zu handeln, wies die Dame vehement die Schuld von sich. Erregt und hilflos erklärte sie lang und breit, wie die Buchung eigentlich hätte aussehen müssen.

Sowas frustriert, zumal, wenn man von einer langen Reise müde nur noch ins Bett will. Und es interessiert wirklich kein bisschen, warum etwas nicht funktioniert. Das hält nur auf und bringt Frust. Was zählt, ist das Ergebnis, in dem Fall das Zimmer. Gerade kleinere Dienstleister könnten ihre Nähe zum Kunden viel besser nutzen, um Erlebnisse zu schaffen, die den Kunden begeistern. Doch dieses Potenzial verschenken viele.

Gezwungen, unfreundlich zu handeln

Unternehmen, die in Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen verstehen, dass nicht nur die funktionierenden Abläufe, sondern auch die dabei ausgelösten Gefühle beim Kunden eine wichtige Rolle spielen. Passt etwas nicht, ist der nächste Anbieter oft in Sekunden gefunden und umgehend gebucht. Der Kunde ist weg, doch was bleibt, ist die schlechte Bewertung auf Meinungsportalen und im Social Web.

Nicht selten werden Mitarbeiter, die eigentlich gerne serviceorientiert wären, geradewegs von ihrer Firma gezwungen, kunden-un-freundlich zu handeln. So hab ich mir kürzlich am Bahnhof einen frisch gemachten Smoothie gegönnt. Für fünf Euro fünfzig, kein Pappenstil. „Bitte keine Eiswürfel“, sag ich zu der jungen Dame, eine Studentin, als die mit dem Füllen des Bechers beginnt.

„Wir sind angewiesen, da immer Eiswürfel reinzutun“, war ihre Antwort. „Aber wieso“, sag ich, „hier steht doch genau, was alles reinkommt: Mango, Papaya, Karotten, Orangen, Bananen und Ingwer. Von Eiswürfeln steht da nix.“ „Okay, dann mach ich bei dir mal ne Ausnahme, aber verrat mich bloß nicht.“ Sie wird übrigens auch gezwungen, alle Kunden zu duzen, egal, ob denen das passt oder nicht.

Die Verluste aus schlechtem Service

Eine von Accenture durchgeführte Umfrage hat herausgefunden, dass binnen eines Jahres 51 Prozent der Kunden ihren Anbieter aufgrund von schlechten Erfahrungen mit dem Kundendienst wechseln. Jedes Unternehmen könnte, sollte und müsste die Verluste, die sich hieraus ergeben, intern kalkulieren.

Viele Anbieter scheinen allerdings nur das zu rechnen, was sie kurzfristig durch Einsparungen im Service gewinnen, nicht aber das, was sie mittel- und langfristig hierdurch verlieren. Eine erfolgskritische Frage muss daher lauten:

  • Wie viel Budget und wie viele Kosten setzen wir für Reibungsverluste, für Mitarbeiterfrust, für Kundenverärgerung, für servicebedingte Reklamationen und Umsatzrückgänge, für Mitarbeiter- beziehungsweise Kundenverluste und Rufschädigung ganz konkret an?

Werte wie Vertrauen und Reputation müssen in Kapital umgerechnet werden, und der Gegenwert von Mundpropaganda und Weiterempfehlungen muss in die Bilanz.

Die Autorin

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenzentrierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events.

2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.

www.anneschueller.de

Bücher von Anne M. Schüller

Titel: Zukunft meistern: Das Trend- und Toolbook für Übermorgengestalter*

Inhalt: Sie wollen die Zukunft meistern? In diesem Buch steht, wie das geht. Der erste Schritt: Zukunftsverständnis entwickeln, Szenarien erstellen und mithilfe von Zukunftsbildern erkunden, wie die Welt in fünf, in zehn oder gar zwanzig Jahren aussehen könnte. Der zweite Schritt: Nicht irgendwann, sondern jetzt mit Mut und Tatkraft beginnen, den Wandel aktiv mitzugestalten. Was wir heute tun oder lassen, entscheidet darüber, wie es uns fortan ergeht. Wer mit wachsamem Optimismus an die Zukunft herantritt, dem zeigt das Buch eine Fülle neuer Geschäftsmodelle, die unsere Wirtschaft nach vorne bringen.

Die mehrfach preisgekrönte Autorin und Keynote-Impulsgeberin Anne M. Schüller richtet in diesem Werk den Blick weit nach vorn. Es ist ein Trend- und Toolbook zugleich. Für vielerlei Branchen enthüllt es die Zukunftstrends der nächsten Dekade. Zudem zeigt es detailliert, wo es weiterhin hakt und in welche Richtung wir loslaufen sollten, weil erstklassige Chancen dort auf uns warten. Die LeserInnen werden Dingen begegnen, die es heute noch gar nicht gibt, manchem, was gerade entsteht, und vielem, was wir dringend anpacken müssen. Es ist eine Entdeckungsreise zu PionierInnen, InnovatorInnen und ÜbermorgengestalterInnen. Sie sind die wichtigsten Menschen in einer Gesellschaft, die die Zukunft erreichen will.

Herausgeber: GABAL; 1. Edition (25. Januar 2024)
Gebundene Ausgabe: 232 Seiten
ISBN-13: 978-3967391817
Preis: 29,90 EUR

Titel: Das Touchpoint-Unternehmen: Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt*

Inhalt: Mitarbeiterführung vom Kopf auf die Füße gestellt Wir stecken mitten drin im größten Change-Prozess aller Zeiten. Die Macht ist zu den Mitarbeitern gewandert. Top-down ist passé. Inside-out auch. Unternehmensprozesse beginnen heute beim Kunden, führen über die Mitarbeiter hin zum Management. Outside-in-bottom-up heißt von nun an der Kurs. Die Unternehmen müssen den Sprung vom Pyramidensystem zur Netzwerk-Organisation im Eiltempo schaffen. Um am Markt überhaupt punkten zu können sind Innovationen zunächst im firmeninternen Zusammenspiel dringendst vonnöten. Mitarbeiterführung muss neu gelernt werden. Die digitale Transformation, neue Arbeitsmodelle und die zuströmenden Digital Natives lassen den Unternehmen keine andere Wahl. Nach ihrem mehrfach preisgekrönten Bestseller Touchpoints stellt Anne M. Schüller in diesem Buch Mittel und Wege vor, mit deren Hilfe sich die neue Arbeitswelt meistern lässt:

  • Die sieben Schlüsselaufgaben, die jetzt zu bewältigen sind
  • Führungskonzepte für die Mitarbeiter von heute und morgen
  • Ein Schritt-für-Schritt-Instrumentarium, um die Interaktionspunkte zwischen Mitarbeiter, Führungskraft und Organisation zu perfektionieren

Pointiert, unterhaltsam und verständlich geschrieben hat dieses Buch alles, um Unternehmern und Führungskräften ein praxisorientierter Wegweiser in die Zukunft zu sein.

Herausgeber: GABAL
Gebundene Ausgabe: 368 Seiten
ISBN-13: 978-3869365503
Preis: 29,90 EUR

Titel: Bahn frei für Übermorgengestalter!: 25 Quick Wins für Innovatoren und Zukunftsversteher*

Inhalt: Das Buch zeigt 25 rasch umsetzbare Initiativen und weit über 100 Aktionsbeispiele, um zu einem Überflieger der Wirtschaft zu werden. Kompakt und sehr unterhaltsam veranschaulicht es jedem, der helfen will, eine bessere Zukunft zu gestalten, die maßgeblichen Vorgehensweisen in drei Bereichen: Wie machen wir die Menschen stärker, das Zusammenarbeiten besser und die Innovationskraft im Unternehmen größer.

Herausgeber: GABAL
Taschenbuch: 216 Seiten
ISBN: 978-3967390933
Preis: 24,99 EUR

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