Die Restwertmethode ist eines von mehreren Kalkulationsverfahren, welches bei der Kostenträgerstückrechnung genutzt wird. Diese ist Teil der Kostenträgerrechnung. Also des Bereichs der Kostenrechnung, der ermittelt, WOFÜR Kosten angefallen sind.
Je nach Zeitpunkt der Kalkulation erfolgt eine Vorkalkulation, Nachkalkulation oder eine Zwischenkalkulation. Es gibt mehrere Möglichkeiten diese zu berechnen. Welche man nutzt, kommt in erster Linie auf die Fertigungsstruktur an.
Inhalt
Kalkulationsverfahren – Basics
Am häufigsten sind diese Methoden:
- Divisionskalkulation und Äquivalenzziffernkalkulation (geeignet bei Massen- oder Sortenfertigung)
- Zuschlagskalkulation (geeignet bei Einzel- oder Serienfertigung unterschiedlicher Erzeugnisse)
- Restwertmethode und Kostenverteilungsmethode (geeignet bei Kuppelproduktion)
Alle Verfahren können grundsätzlich als Ist-, Normal- oder Plankalkulation (Kostenrechnungssysteme) und jeweils auf Voll- oder Teilkostenbasis durchgeführt werden.
Kuppelkalkulation und Kuppelproduktion
Wenn im Rahmen des Produktionsprozesses immer mehrerer Produkte entstehen, spricht man von Kuppelproduktion.
Beispiele für Kuppelproduktion:
- Heizkraftwerk: Strom & Wärme
- Landwirtschaft: Getreide & Stroh
Die Restwertmethode (Subtraktionsmethode) und die Kostenverteilungsmethode sind die Kalkulationsverfahren, die man in diesem Fall für die Kuppelkalkulation anwenden kann.
Wann ist die Restwertmethode sinnvoll?
Entstehen im Rahmen des Produktionsprozesses ein Hauptprodukt und ein oder mehrere Nebenprodukte, nutzt man die Restwertmethode.
Bei mehreren Hauptprodukten nutzt man die Kostenverteilungsmethode.
Wie funktioniert die Restwertmethode?
Der Grundgedanke hinter der Restwertmethode ist, dass die Erlöse der Nebenprodukte die Kosten der Hauptprodukte schmälern.
Man zieht also die Erlöse aus dem Verkauf der Nebenprodukte von den Gesamtkosten des Kuppelprozesses ab und arbeitet dann mit diesen reduzierten Kosten weiter.
Die Herstellkosten des Hauptprodukts ermittelt man dann mit Hilfe der Divisionskalkulation.
Formel:
- Kosten je Leistungseinheit = (Gesamtkosten der Periode – Umsatzerlöse der Nebenprodukte) / Zahl der hergestellten Haupterzeugnisse
Wichtig: die Restwertmethode ordnet die Kosten den Kuppelprodukten nicht wirklich verursachungsgerecht zu und ist daher bei komplexen Produktionsprozessen nur sehr bedingt zu empfehlen.
Beispiel 1
Nehmen wir an, wir haben einen landwirtschaftlichen Betrieb und produzieren Wintergerste als Futterstoff. Unsere Anbaufläche ist rund 30 ha groß.
Folgende Infos konnte ich im Netz zum Thema Gersten-Anbau finden:
- Der Hektarertrag beim Gerste-Anbau lag 2021 im Schnitt bei 71,9 dt/ha (Quelle: Erntebericht 2021 / Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft), das ergibt für unseren Betrieb einen Ertrag von 30 ha x 71,9 = 157 dt Gerste
- Dabei fallen zusätzlich 0,7 dt Stroh pro dt Gerste an (Umrechnung s. Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen), in unserem Fall also 2.157 dt x 0,7 = 509,90 dt Stroh
- Der Verkaufspreis für Futtergerste lag in der 42. KW 2021 bei 217,12 EUR/t (Quelle: agrarheute). Wir nehmen mit dem Verkauf der Gerste 832,78 EUR ein.
- Die Verkaufspreise für Stroh lagen im Oktober 2021 bei 89,33 EUR/t (Quelle: agrarheute). Wir nehmen mit dem Verkauf des Strohs zusätzlich 487,94 EUR ein.
- Die Prozesskosten für den Anbau der Wintergerste betrugen in 2020 im Schnitt 686,44 EUR/ha (Quelle: Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt). In unserem Betrieb fallen somit Gesamtkosten i.H.v. 30 ha x 686,44 EUR = 593,20 EUR an.
Die Herstellkosten der Gerste betragen daher nach Anwendung des Restwertverfahrens:
- 1 dt Gerste = (20.593,20 EUR – 13.487,94 EUR) / 2.157 dt Gerste = 3,29 EUR
Hier nochmal als Tabelle zur besseren Ãœbersicht:
Beispiel 2
Das geht natürlich auch noch deutlich komplizierter :-)
Zum Beispiel wenn bei den Nebenprodukten auch noch Weiterverarbeitungskosten entstehen. Dann werden diese zuerst von den Erlösen aus dem Verkauf der Nebenprodukte abgezogen und nur noch der verbleibende Betrag mindert die Herstellkosten des Hauptprodukts.
Formel:
- Kosten je Leistungseinheit = (Gesamtkosten der Periode – (Umsatzerlöse der Nebenprodukte – Weiterverarbeitungskosten)) / Zahl der hergestellten Haupterzeugnisse
Am besten nehmen wir wieder unser Beispiel mit der Gerste, erweitern es jedoch um Weiterverarbeitungskosten für das Stroh:
- Diese betragen für unser Beispiel 1,25 EUR / Strohballen.
- Ein Ballen wiegt ca. 250 kg, daher kommen wir bei 1.509,90 dt Stroh auf 603,96 Strohballen.
- Das wären dann 603,96 x 1,25 EUR = 754,95 EUR Weiterverarbeitungskosten.
- Die Gesamtkosten unseres Betriebs betragen jetzt: 20.593,20 EUR (Prozesskosten Wintergerste) + 750 EUR (Weiterverarbeitungskosten Stroh) = 343,20 EUR
Die Herstellkosten der Gerste betragen daher nach Anwendung des Restwertverfahrens:
- 1 dt Gerste = (20.593,20 EUR – (13.487,94 EUR – 754,95 EUR)) / 2.157 dt Gerste = 3,64 EUR
Hier nochmal als Tabelle zur besseren Ãœbersicht:
Weitere Informationen zu Kostenrechnung und Kalkulationsverfahren
Wie ihr seht: so richtig reich wird man mit dem Anbau von Gerste nicht… Ob es besser wäre, wenn noch Roggen o.ä. hinzukommt, lest ihr dann im Beitrag über die Kostenverteilungsmethode :-)
Ihr möchtet noch mehr über Kostenrechnung und Kalkulation wissen?
Hier alle Teile der Serie über die Grundbegriffe des Rechnungswesens:
- Auszahlung & Ausgabe
- Ausgabe & Aufwand und Aufwand & Kosten
- Einzahlung & Einnahme
- Einnahme & Ertrag
- Ertrag & Leistung
Lest gerne rein :-)
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